Erbschaftsteuer: Was Sie wissen müssen, wenn Sie erben

Wie hoch ist die Erbschaftsteuer in Deutschland?
Die Höhe der Erbschaftsteuer richtet sich in erster Linie danach, ob und welche familiäre Verbindung es zu dem oder der Verstorbenen gibt. Grundsätzlich gilt: Je näher der Verwandtschaftsgrad, desto höher ist der Erbschaftsteuer-Freibetrag.
Wer Angehörige verliert, hat zurecht erstmal andere Sorgen als das Finanzamt. Wenn Sie jedoch von Verstorbenen in deren Testament bedacht werden, müssen Sie diese Erbschaft dem zuständigen Finanzamt melden. Dort wird geprüft, wie hoch das durch die Erbschaft erhaltene Vermögen ist, und die dafür fällige Erbschaftsteuer ermittelt. Alles Wichtige zur Erbschaftsteuer lesen Sie in diesem Beitrag.
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Was müssen Erbende oder Vermächtnisnehmer beachten?
Grundsätzlich können Sie durch ein Testament oder letztwillige Verfügung von Todes wegen auf unterschiedliche Weise bedacht werden. Geld, Wertpapiere oder Immobilien stehen dabei besonders im Fokus; aber auch ideelle Werte, Nutzungsrechte, Beteiligungen und viele Formen von Rechten und Pflichten können vererbt werden. Ist Ihnen formal ein Erbe zugesprochen worden, erben Sie nicht nur Vermögenswerte, sondern auch etwaige Schulden.
Sie müssen allerdings ein Erbe nicht annehmen, sondern können es auch ausschlagen. Allerdings gelten dafür sehr kurze Fristen. Ein Erbe auszuschlagen kann beispielsweise dann ratsam sein, wenn die Schulden die Werte übersteigen. Zugewendet werden kann aber auch ein Vermächtnis; dann erhalten Sie „nur“ den im Vermächtnis genannten Vermögensgegenstand. Auch ein Vermächtnis kann ausgeschlagen werden, dafür gelten längere Fristen.
Hinweis: VermächtnisMit einem Vermächtnis können Sie als Erblasser:in einzelne Teile aus Ihrem Nachlass herauslösen und an eine bestimmte Person verteilen.
Erbschaft beim Finanzamt anzeigen
Egal ob Erbe oder Vermächtnis: in beiden Fällen interessiert sich das Finanzamt dafür. Nehmen Sie eine Erbschaft oder ein Vermächtnis an, muss das in jedem Fall beim Finanzamt angezeigt werden – auch wenn die Erbschaft unter Ihrem Freibetrag liegt. Was dabei zu beachten ist, haben wir nachfolgend für Sie zusammengestellt.
Wann muss man eine Erbschaftsteuererklärung abgeben?
Sie müssen den Erwerb (Erbschaft, Vermächtnis) beim Finanzamt anzeigen. Das Finanzamt ermittelt anhand Ihrer Angaben, ob es Sie zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auffordert. Wenn ja, sind Sie verpflichtet, die Erbschafsteuererklärung einzureichen. Je nach familiärer Verbindung zum oder zur Verstorbenen werden Ihnen Freibeträge bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer gewährt, die das Finanzamt vom Steuerwert des geerbten Vermögens automatisch abzieht. Dabei sind allerdings auch Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre zu berücksichtigen.
Die Erbschaftsteuer wird festgesetzt, wenn die erhaltenen Vermögenswerte höher sind als die Freibeträge. Der Steuersatz richtet sich nach dem verwandtschaftlichen Verhältnis zur verstorbenen Person und der Wert des zugewendeten Vermögens.
Diese Bestimmungen zur Anzeige des Erbes sind zu beachten
Bevor das Finanzamt eine eventuelle Steuerlast auf Ihr Erbe oder Vermächtnis ermitteln kann, müssen Sie prüfen, ob Sie das Erbe oder Vermächtnis annehmen oder ausschlagen möchten:
- Hierfür ist zunächst ist eine Kontaktaufnahme mit dem Nachlassgericht sinnvoll. Hierbei können Sie ihren genauen Status klären: Erb:in oder Vermächtnisnehmer:in. Dabei wird ermittelt, welcher Anteil des Nachlasses Ihnen zusteht. Als Erb:in können Sie einen Erbschein beantragen. Diesen brauchen Sie, um sich beispielsweise gegenüber Banken, Versicherungen und Behörden als rechtmäßige:r Erb:in auszuweisen.
- Im Anschluss sollten die genaue Werte des Nachlasses geprüft werden. Hierbei wird das vollständige Vermögen umfassend ermittelt. Dabei müssen alle Vermögenswerte miteinbezogen werden: Bankkonten, Wertgegenstände und Immobilien. Die Immobilienwerte sollten durch ein Gutachten festgehalten werden.
- Im nächsten Schritt muss geprüft werden, ob noch offene Verbindlichkeiten des Verstorbenen bestehen. Hierzu zählen Kredite und Hypotheken sowie offene Steuerforderungen.
Im Anschluss daran können sie abwägen, ob Sie Ihr Erbe antreten möchten, oder ob eine Erbausschlagung aufgrund hoher Schulden für Sie doch günstiger wäre.
Im Falle einer Ausschlagung der Erbschaft müssen Sie das Nachlassgericht innerhalb von 6 Wochen darüber informieren, nachdem Sie Kenntnis von Ihrem Erbe erlangt haben.
Sollten Sie das Erbe annehmen, müssen sie dieses spätestens 3 Monate nach Kenntnis über das Erbe bei Ihrem Finanzamt anzeigen.
Info Die 3-monatige Anzeigefrist des Erbes bei Finanzamt kann überflüssig sein, wenn ein deutsches Gericht oder ein Notar an der Nachlasseröffnung beteiligt ist. Denn hierbei wird das Finanzamt automatisch über die Erbschaft informiert. Das gilt allerdings nicht, wenn zum Nachlass Grundbesitz oder Betriebsvermögen zählt.
Welche Angaben das Finanzamt von Ihnen benötigt
Die Anzeige sollte grundsätzlich folgende Angaben enthalten:
1. Persönliche Angaben
- Vor- und Familienname
- Beruf
- Wohnsitz
- Steueridentifikationsnummer
- persönliches Verhältnis zur verstorbenen Person (z. B. Verwandtschaftsgrad, Dienstverhältnis)
2. Angaben zum:zur Erblasser:in
- Wohnsitz
- Todestag und Sterbeort
3. Angaben zum Erwerb
- Gegenstand und Wert (kann geschätzt werden)
- Rechtsgrund des Erwerbs (z. B. gesetzliche Erbfolge, Vermächtnis, Testament)
- Zuwendungen zu Lebzeiten (Art, Wert und Zeitpunkt)
Ermittlung der Erbschaftsteuer durch das Finanzamt - Berechnungsgrundlagen
Auf Basis Ihrer Angaben ermittelt das Finanzamt die zu zahlende Steuerschuld. Zugrunde gelegt wird hierfür der Tag der wirtschaftlichen Bereicherung, bei der Erbschaft ist dies der Todestag (Erbfall).
Grundsätzlich gilt eine Steuerbefreiung für bestimmte Gegenstände:
- Hausrat durch Personen der Steuerklasse 1 bis zu 41.000 Euro
- Andere bewegliche Gegenstände durch Personen der Steuerklasse 2 bis zu 12.000 Euro
- Hausrat + andere Gegenstände durch Personen der Steuerklasse 2 und 3 bis 12.000 Euro
Weiterhin gibt es spezielle Ausnahmen für Grundbesitz und Kunstgegenstände (siehe § 13 ErbStG).
Ausgenommen der steuerbefreiten Gegenstände wird das ganze Vermögen auf volle 100 Euro abgerundet. Aus diesem Betrag wird dann die Erbschaftsteuer berechnet.
Achtung: Unterschiedliche Bewertung des Vermögens im Rahmen der Erbschaftsteuer Wenn Sie Geldvermögen oder Wertpapiere erben, ist das meist unproblematisch, weil die Werte und damit die zu entrichtende Erbschaftsteuer eindeutig zu ermitteln sind. Anders sieht es bei der Bestimmung von Immobilienwerten oder bei der Bewertung von Firmenanteilen (beispielsweise 30-prozentige Beteiligung an einer GmbH) aus. Hier kann es zu sehr unterschiedlichen Auffassungen über den tatsächlichen Wert der Erbschaft kommen. Sollten die vom Finanzamt bei Ermittlung der Erbschaftsteuer angesetzten Vermögenswerte Ihnen zu hoch erscheinen, sollten Sie das nicht einfach akzeptieren, sondern mit Argumenten (ggf. mit einem Gutachten) versuchen, die angesetzten Werte zu korrigieren.
Steuerfreibeträge bei der Erbschaftssteuer
Wie hoch die Erbschaftssteuer ausfällt, hängt entscheidend von der Höhe der Erbschaftssteuerfreibeträge und Steuersätze ab. Zur Ermittlung des Freibetrags werden Sie in eine bestimmte Steuerklasse eingestuft. Die Steuerklasse bei der Erbschaftsteuer hängt davon ab, wie nahe Sie der verstorbenen Person standen, und hat nichts mit Ihrer Lohnsteuerklasse zu tun.
Tabelle der Freibeträge inklusive der jeweiligen Steuerklasse
Freibetrag (§ 16 ErbStG) | Steuerklasse (§ 15 ErbStG) | |
---|---|---|
für Eheleute und Lebenspartner:in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft | 500.000 € | 1 |
für Kinder und Enkelkinder, deren Eltern verstorben sind, sowie für Stief- und Adoptivkinder | 400.000 € | 1 |
für Enkelkinder | 200.000 € | 1 |
für Urenkel:innen, Großeltern sowie Eltern bei Erhalt durch Erbschaft | 100.000 € | 1 |
für Eltern und Großeltern bei Erhalt durch Schenkung, für Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Eheleute und Lebenspartner:inen einer aufgehobenen eingetragenen Lebenspartnerschaft | 20.000 € | 2 |
bei allen anderen lebzeitigen Erwerben oder Erwerben von Todes wegen | 20.000 € | 3 |
Die Steuersätze zur Erbschaftsteuer im Überblick
Verbleibt nach Abzug der sämtlicher, insbesondere der persönlichen Freibeträge noch ein Überschuss (=steuerpflichtige Erwerb), wird je nach Höhe des noch verbliebenen Vermögens der anzuwendende Steuersatz ermittelt.
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich | Steuersatz Steuer- klasse 1 | Steuersatz Steuer- klasse 2 (seit 2010) | Steuersatz Steuer- klasse 3 |
---|---|---|---|
75.000 € | 7 % | 15 % | 30 % |
300.000 € | 11 % | 20 % | 30 % |
600.000 € | 15 % | 25 % | 30 % |
6.000.000 € | 19 % | 30 % | 30 % |
13.000.000 € | 23 % | 35 % | 50 % |
26.000.000 € | 27 % | 40 % | 50 % |
über 26.000.000 € | 30 % | 43 % | 50 % |
Beispiel: So wird die Erbschaftsteuer berechnet
Eine Tochter erbt von ihrem Vater:
- eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro
- Bankguthaben in Höhe von 30.000 Euro
- einen Restkredit für die Immobilie im Wert von 15.000 Euro
Der Gesamtwert beträgt sich also auf 500.00 € + 30.000 €-15.000 € = 515.000 €
Da sie die Tochter des Verstorbenen ist, hat sie einen Freibetrag von 400.000 €
Der steuerpflichtige Betrag beläuft sich demnach auf 515.000 € - 400.000 € = 115.000 €
Als Tochter hat sie bei der Erbschaftsteuer die Steuerklasse 1
In ihrem Fall gilt der Steuersatz bis 300.000 €, das heißt 11 %
Folglich muss die Tochter 12.650 € an Steuern bezahlen.
Härtefallregelung: Bei der Ermittlung des Steuersatzes gilt auch bei einer nur geringfügigen Überschreitung des Wertes (selbst bei 1€) schon der nächsthöhere Steuersatz. Um missbillige Ergebnisse zu vermeiden, gilt eine Härtefallregelung. Wird die Wertgrenze nur minimal überstiegen, ist diese Ausnahme zu prüfen.
Es gilt: Der Unterschied zwischen der Steuer, die sich nach herkömmlicher Berechnung ergibt und der Steuer, die sich bei der niedrigeren Wertgrenze ergeben würde, wird nur erhoben, soweit der Unterschied aus der Hälfte (bei Steuersatz bis 30%) bzw. aus drei Vierteln (bei Steuersatz über 30%) des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.
Erbschaftsteuer mindern oder umgehen
Nicht nur durch die Freibeträge ist es möglich, keine Erbschaftsteuer zahlen zu müssen. Hier einige Tipps, wie Sie die Erbschaftsteuer auf legalem Wege mindern oder sogar ganz umgehen können.
- Für Schenkungen gelten die gleichen Freibeträge wie für Erbschaften. Steuerlich kann es daher sehr sinnvoll sein, große Vermögen zumindest teilweise bereits zu Lebzeiten zu verschenken, da der persönliche Schenkungsfreibetrag (gleich wie Erbfreibetrag) alle 10 Jahre erneut voll ausgeschöpft werden kann.
- Wenn Sie Immobilien von einem:einer Ehepartner:in oder einem Elternteil erben, dann müssen Sie darauf keine Erbschaftsteuer zahlen, wenn Sie für mindestens 10 Jahre selbst in der Immobilie wohnen. Bei Kindern gilt dabei ein Freibetrag bis zu 200m² Wohnfläche. Sollte die Immobilie größer sein, wird die Fläche, die darüber hinaus geht, anteilig zum zu versteuernden Anteil dazugerechnet.
Neben den Freibeträgen gibt es zusätzlich den Besonderen Versorgungsfreibetrag gemäß § 17 ErbStG. Er greift unter bestimmten Umständen bei Ehepartnern und Kindern bis zum 27. Lebensjahr. Der zusätzliche Freibetrag soll dabei die Lebensgrundlage der Hinterbliebenen sichern.
Fazit zur Erbschaftsteuer
Die Erbschaftssteuer ist eine eigenständige Steuerart, die nichts mit der Einkommensteuererklärung zu tun hat. Zur Ermittlung der Erbschaftsteuer muss zunächst eine Anzeige beim Finanzamt erfolgen und auf Anforderung der Finanzverwaltung die Erbschaftsteuerklärung beim Finanzamt eingereicht werden. Die Erklärungspflichten (Anzeige, Erbschaftsteuererklärung) bestehen selbst dann, wenn offensichtlich ist, dass wegen der hohen Erbschaftsteuerfreibeträge keine Erbschaftssteuer zu zahlen ist.
FAQ zur Erbschaftsteuer
Je nachdem, ob Sie Ihr Erbe annehmen oder ausschlagen gibt es verschiedene Fristen. Wenn Sie es annehmen, dann müssen Sie das innerhalb von 3 Monaten beim Finanzamt anzeigen. Lehnen Sie das Erbe ab, dann gilt eine Frist von 6 Wochen zur Anzeige beim Nachlassgericht.
Ja, es gilt eine grundsätzliche Pflicht zur Anzeige von Erbschaften.
Entweder Sie informieren es persönlich, oder die Anzeige erfolgt durch ein deutsches Gericht oder Notariat.
Ja, die Erbschaftsteuer kann grundsätzlich verjähren, wenn das Finanzamt die Steuer nicht innerhalb von vier Kalenderjahren einfordert. Wird also zum 17.02.2025 ein Erbe angetreten beginnt die Verjährung erst zum 31.12.2025. Die Erbschaftsteuer verjährt demnach am 31.12.2029.
Sobald die Erbschaftsteuer festgesetzt und bekanntgegeben ist, muss sie in der Regel innerhalb eines Monats bezahlt werden.
Ja, die Möglichkeit besteht. Allerdings muss das gesondert beim Finanzamt beantragt werden. Zudem können bei einer Ratenzahlung Zinsen anfallen.
Bestehende Schulden des Verstorbenen wirken sich positiv auf die Erbschaftsteuer aus, da sie das Vermögen mindern. Nur der tatsächliche positive Wert des Erbes wird versteuert. Auch die Beerdigungskosten und Grabpflegekosten sind abzugsfähig und können die Steuerlast mindern.
Ja, die Höhe der Freibeträge richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen. Hier gibt es die genaue Aufschlüsselung.
Die Kosten für notarielle Leistungen hängen stark von der Höhe des Nachlasses und der erbrachten Leistung ab. Hierfür gibt es das Gerichts- und Notarkostengesetz. Es legt fest, wie hoch die Notarkosten bei bestimmten Beträgen sind. Je nach Leistung verdoppeln oder halbieren sich die Beträge zudem und es werden verschiedene Extrakosten hinzugerechnet.
Hier einige Beispiele:
Die Beurkundung eines Testaments mit einem Nachlasswert von 500.000 € kostet nach GNotKG 1.148 €. Dieser besteht aus der einfachen Gebühr, die sich nach der Höhe des Nachlasses richtet.
Bei einem gemeinschaftlichen Testament, also einem Testament, das von zwei Personen gemeinsam geschrieben wurde, ist der Betrag etwas weniger als doppelt so hoch.
Die Kosten der Beantragung eines Erbscheins bei einem Nachlasswert von 200.000 € hingegen belaufen sich auf 553 €. Die Kosten sind deutlich niedriger, da auch der Nachlasswert deutlich geringer ist.
Im Falle, dass der:die Verstorbene kein Testament hat, wird das Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt. Diese richtet sich nach Verwandtschaftsgrad zum:zur Erblasser:in. Je näher der:die Erbe oder Erbin dem Erblasser standen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas geerbt wird. In allen Fällen ist jedoch ein Testament die bessere Lösung, auch um etwaige Streitigkeiten um das Erbe zu vermeiden.