Frag den Steueranwalt: Immobilien vererben – aber richtig!

Stefan Heine
Zuletzt aktualisiert:
28. Februar 2023
Lesedauer:
6 Minuten

Eine Immobilie vererben oder doch lieber verschenken? Wie hoch ist der Freibetrag und welche Rolle spielt der Verwandtschaftsgrad? Steueranwalt Stefan Heine klärt auf über die wichtigsten Grundsätze in Punkto Immobilien vererben.

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Die Frage an den Steueranwalt Stefan Heine: Was muss ich beachten, wenn ich eine Immobilie vererbe?

Die Antwort: Der wichtigste Grundsatz beim Vererben lautet: Je enger der Verwandtschaftsgrad, desto höher sind die Freibeträge. Der Freibetrag legt fest, bis zu welchem Wert keine Steuer anfällt. Beim Vererben sind die Freibeträge entlang von Verwandtschaftsverhältnissen in Steuerklassen unterteilt. Diese haben jedoch nichts mit den Steuerklassen bei der Einkommensteuer zu tun.

Immobilien vererben: Freibeträge begünstigen die nahe Familie

In Steuerklasse I fallen z. B. die Ehepartner:innen sowie eingetragene Lebenspartner:innen, hier gibt es einen Freibetrag von 500.000 Euro.

In Steuerklasse II fallen etwa Geschwister, hier beträgt der Freibetrag nur noch 20.000 Euro. Mehr können Sie der Tabelle entnehmen:

 

  Verwandschaftsgrad Freibeträge
Steuerklasse I

Eheleute und eingetragene Lebenspartner

 

Kinder

 

Enkelkinder

 

Urenkelkinder und

Eltern und Großeltern (im Erbfall)

500.000 Euro

 

400.000 Euro

 

200.000 Euro

 

100.000 Euro

Steuerklasse II

Geschwister

Nichten und Neffen

Schwiegertochter / Schwiegersohn

Schwiegereltern

Geschiedener Ehepartner

Eltern und Großeltern (bei Schenkung)

20.000 Euro
Steuerklasse III Sonstige 20.000 Euro

 

Beispiel:
Wer ein Haus im Wert von 500.000 Euro an seine:n Ehepartner:in vererben möchte, liegt genau im Rahmen des Freibetrags.

Wird das Haus stattdessen an ein Enkelkind vererbt, beträgt der Freibetrag nur 200.000 Euro. Das bedeutet: 300.000 Euro müssen versteuert werden.

Freibetrag ausgeschöpft: Erbschaftsteuer ist gestaffelt, auch bei Immobilien

Wenn über den Freibetrag hinaus vererbt wird, fällt Erbschaftsteuer an – auch bei Immobilien. Hier gelten die oben definierten Steuerklassen wieder. Der Grundsatz lautet erneut: Je weiter entfernt das Verwandtschaftsverhältnis und je höher der Betrag bei Überschreitung des Freibetrags, desto höher die zu zahlende Steuer.

 

Steuersätze bei Überschreitung des Freibetrags
  Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
Steuersatzstufen Steuersatz Steuersatz Steuersatz
bis 75.000 Euro 7% 15% 30%
bis 300.000 Euro 11% 20% 30%
bis 600.000 Euro 15% 25% 30%
bis 6.000.000 Euro 19% 30% 30%
bis 13.000.000 Euro 23% 35% 50%
bis 26.000.000 Euro 27% 40% 50%
Darüber 30% 43% 50%

 

Beispiel: Enkelkind Das Enkelkind, das alleine ein Haus für 500.000 Euro erbt, profitiert von 200.000 Euro Freibetrag, muss aber 300.000 Euro versteuern. Als Enkelkind fällt in Steuerklasse I bis zu einem Wert von 300.000 Euro ein Steuersatz von 11 Prozent an. Ergo fallen 33.000 Euro Steuern an.

 

Zum Vergleich: Wird das gleiche Haus an den Schwiegersohn vererbt, fallen 144.000 Euro Steuern an. Der Freibetrag liegt bei 20.000 Euro, d. h. 480.000 Euro müssen mit 30 Prozent versteuert werden.

Zuletzt haben sich die Vorgaben für die Bewertung einer Immobilie geändert. Dadurch steigen tendenziell die Immobilienwerte. Ende 2022 gab es daher Forderungen nach höheren Freibeträgen. Beschlossen ist hierzu jedoch noch nichts.

Immobilie vererben: Wenn Eheleute oder Kinder wohnen bleiben wollen

Wird eine Immobilie an den:die Ehepartner:in vererbt und diese:r bleibt zehn Jahre im Objekt wohnen, gibt es keinerlei steuerliche Einschränkungen. Das bedeutet: Es gibt keine Freigrenzen und keine Erbschaftsteuer, wenn der:die Witwe:r im vererbten Heim für mindestens zehn Jahre lebt. Das gilt auch für Kinder, die die Immobilie von ihren Eltern erben, wobei die Wohnfläche auf maximal 200 Quadratmeter gedeckelt ist. Ist die Wohnfläche größer, unterliegt der die Wohnfläche von 200 Quadratmeter übersteigende Anteil der Besteuerung.

Es gilt also der Grundsatz: Bleiben enge Verwandte im Erbe über zehn Jahre wohnen, fällt keine Erbschaftsteuer an.

Immobilien vererben mit mehreren Kindern oder mehreren Geschwistern

Wenn Immobilien an mehrere Personen vererbt werden – etwa bei mehreren Kindern oder bei mehreren Geschwistern – bilden diese eine Erbengemeinschaft. Bei der Erbengemeinschaft fällt der Freibetrag pro Person an – denn trotz Erbengemeinschaft zahlt jede erbende Person den individuellen Erbschaftsteuersatz. Entsprechend gibt es auch in der Steuererklärung für Erbengemeinschaften einiges zu beachten.

 

Als unverheiratetes Paar eine Immobilie vererben wird teuer

Wenn unverheiratete Paare dem:der Partner:in eine Immobilie vererben wollen, wird es leider ziemlich teuer. Denn der Staat begünstigt bei der Erbschaftsteuer nur verheiratete Paare. Unverheiratete Paare fallen in Steuerklasse III mit einem Freibetrag von 20.000 Euro. Bei einem Haus im Wert von 500.000 Euro müssen also 480.000 Euro mit 30 Prozent (=144.000 Euro Steuer) versteuert werden.

 

Was ist steuerlich sinnvoller: Immobilie vererben – oder doch lieber schenken?

Neben der Erbschaft, die erst beim Tod erfolgt, gibt es auch die Möglichkeit einer Schenkung. Diese findet bereits zu Lebzeiten statt. Die Steuerklassen und Steuersätze gelten genauso wie auch beim Erben, mit einem gravierenden Unterschied: Die Freibeträge können alle zehn Jahre ausgeschöpft werden.

 

Beispiel: Schenkung vs Erbe Das 500.000-Euro-Haus soll an den einzigen Enkel verschenkt (und nicht vererbt) werden. Der Freibetrag beträgt weiterhin 200.000 Euro. Es können also ⅖ des Hauses sofort geschenkt werden, damit wäre die Freigrenze optimal ausgeschöpft. Zehn Jahre später könnten erneut ⅖ des Hauses verschenkt werden. Übrig bliebe noch ⅕ des Hauses, das sich wieder zehn Jahre später schenken ließe.

 

Doch was passiert, wenn es eine Schenkung gibt, die schenkende Person jedoch innerhalb von zehn Jahren stirbt? Verstirbt die schenkende Person und hinterlässt der beschenkten Person Erbmasse aus ihrem Testament (oder über die gesetzliche Erbfolge), so werden das Geschenk und die hinterlassene Erbmasse addiert. Auch hier gilt, dass der addierte Wert oberhalb des Freibetrages zu versteuern ist.

Alternative zu Immobilie vererben: Schenkung und Nießbrauch kombinieren

Verschenken Eltern ein Haus an ihre Kinder, wollen aber noch in dem Haus wohnen bleiben, bietet sich eine sogenannte Nießbrauch-Regelung an. Hierbei wird zwar das Haus de facto verschenkt, die Eltern erhalten jedoch auch ein Wohnrecht sowie den wirtschaftlichen Besitz, dürfen die Immobilie z. B. auch selbst weiter vermieten. Das wird auch ins Grundbuch eingetragen. Die Alternative, das Wohnrecht, ermöglicht keine Vermietung, sondern nur das Wohnen im Objekt.

 

Wohnrecht und Vermietung Die Eltern bewohnen ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Die gesamte Immobilie wird an das einzige Kind verschenkt, die Eltern erhalten jedoch das Recht zum Nießbrauch. Somit können die Eltern selbst weiter die Einliegerwohnung an Dritte vermieten. Sie müssen dies in ihrer eigenen Steuererklärung als Einkünfte aus Vermietung angeben.

 

Immobilie vererben oder verschenken, was ist besser?

Welche Lösung die bessere ist – eine Immobilie lieber zu vererben oder zu verschenken –, hängt immer vom individuellen Fall ab. Wichtig ist jedoch, bereits frühzeitig eine Regelung für sich und die Immobilie zu überlegen.

Sie haben eine Frage?

Stefan Heine, Steueranwalt und Kopf des Online-Steuer-Tools smartsteuer, beantwortet Ihre Fragen gerne. Schicken Sie dazu eine E-Mail an hilfe@smartsteuer.de.


Stefan Heine

Stefan versteht als Fachanwalt für Steuerrecht selbst die Gesetze, die ihre eigenen Autoren verzweifeln lassen. Dabei widerlegt er das Gerücht, Juristen könnten nicht rechnen. Als Geschäftsführer von smartsteuer hält Stefan das Team mit seiner harmonischen Art zusammen und fokussiert es auf das gemeinsame Ziel: Die einfachste Steuererklärung.

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