Was ist die Spekulationssteuer?
Der Begriff "Spekulationssteuer" wird umgangsprachlich verwendet. Vielmehr meint er die Einkommensteuer auf private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG.
Gewinne aus der Veräußerung von Gebäuden, Grundstücken oder Wertpapieren sind nicht einkommensteuerpflichtig. Ausnahme: Geschäfte, mit denen Sie auf Erträge aus kurzfristigen Wertsteigerungen spekulieren. Bei Immobilien beträgt die Haltefrist mindestens 10 Jahre.
Mit einer Steuersoftware erstellen Sie Ihre Steuererklärung schneller, sicherer und einfacher. Welche ist die richtige für Sie? In unserem Steuersoftware-Vergleich finden Sie eine passende Lösung.
Spekulationssteuer: Wann liegt ein Spekulationsgeschäft vor und wie vermeide ich es?
Veräußern Sie ein privates Grundstück innerhalb von 10 Jahren, nachdem Sie es gekauft haben, liegt ein Spekulationsgeschäft vor. Die Einnahmen müssen Sie versteuern. Die Gründe für den Verkauf sind dabei völlig egal, Sie müssen auch dann versteuern, wenn z. B. die Zwangsversteigerung droht. Bei einer Ratenzahlung über mehrere Jahre wird der Veräußerungsgewinn in mehreren Veranlagungszeiträumen erfasst. Das gilt auch in Verlustfällen. Eine Enteignung stellt kein privates Veräußerungsgeschäft i. S. von § 23 EStG dar und ist somit nicht steuerpflichtig (BFH, Urteil v. 23.7.2019 - IX R 28/18). Anders wird das bei einer Zwangsversteigerung gesehen (FG Düsseldorf, Urteil v. 28.4.2021, 2 K 2220/20 E).
Praxis-Tipp: Berechnung der 10-Jahres-FristFür die Fristenrechnung der 10 Jahre kommt es darauf an, wann der Kaufvertrag und der Verkaufsvertrag abgeschlossen wurden. Maßgeblich ist dabei das Datum der Beurkundung beim Notar. Achtung: Die Nutzung einer Rückerwerbsoption setzt eine neue Spekulationsfrist in Gang. Sie wird nicht als Rückabwicklung gewertet.
Beispiel: SpekulationssteuerSie haben am 15.3.2014 ein unbebautes Grundstück erworben. Im März 2017 haben Sie ein Haus darauf gebaut und dieses anschließend vermietet. Wenn Sie das bebaute Grundstück vor dem 16.3.2024 veräußern, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Spekulationssteuer. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Erwerbs an. Die Fertigstellung des Gebäudes ist egal. Gebäude und Außenanlagen sind in die Besteuerung des Veräußerungsgewinns auch dann einzubeziehen, wenn sie in einem teilfertigen Zustand verkauft werden.
Spekulationssteuer bei geschenkten und geerbten Grundstücken
Bei einem geschenkten oder geerbten Grundstück kommt es für die Frist darauf an, wann der:die Vorbesitzer:in das Grundstück erworben hat. Kauft z. B. ein Miterbe den Erbteil eines anderen Miterben, so entstehen ihm insoweit Anschaffungskosten. Bei einem Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist führt dies dazu, dass der Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücks versteuert werden muss. Ein Verkauf kann in solchen Fällen durch eine Spekulationssteuer zu einer teuren Falle werden. Ein Beratungshonorar vor einem Verkauf kann gut angelegt sein und viel Geld sparen!
Spekulationssteuer bei Entnahme eines Firmengrundstücks
Die Entnahme eines betrieblichen Grundstücks, auch im Rahmen einer Betriebsaufgabe, wird als Erwerb angesehen. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die 10-Jahres-Frist. Der Entnahmewert gilt als Anschaffungswert.
Besteuerung von Spekulationsgeschäften bei Einlagen
Wenn Sie ein privat erworbenes Grundstück während der Spekulationsfrist in ein Betriebsvermögen einlegen, liegt zunächst keine Veräußerung vor. Ein Veräußerungsvorgang aus dem Betriebsvermögen wird aber auch auf der privaten Ebene steuerpflichtig, wenn das Grundstück während der Spekulationsfrist veräußert wird.
Achtung: verdeckte Einlage Eine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft gilt immer als Veräußerung.
Beispiel: A verkauft ein Grundstück im Wert von 200.000 EUR für 80.000 EUR an die ihm gehörende A-GmbH
Folge: Es handelt sich um eine verdeckte Einlage von 120.000 EUR, die zu versteuern ist.
Keine Spekulationssteuer bei Verkauf der eigengenutzten Wohnung
Wenn Sie das bebaute Grundstück zwischen der Anschaffung bzw. Fertigstellung und der Veräußerung für sich als Privatwohnung genutzt haben, bleibt der Verkaufserlös steuerfrei. Gleiches gilt, wenn Sie es im Jahr der Veräußerung und in den vorangegangenen 2 Jahren selbst genutzt haben. Wird eine Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet, ist dies unschädlich, da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben muss (BFH, Urteil v. 3.9.2019 - IX R 10/19). Damit reicht eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen aus.
Beispiel: Berechnung zur EigennutzungSie kauften mit notariellem Notarvertrag vom 15.3.2014 eine Immobilie. Im Dezember 2023 verkauften Sie diese Immobilie mit 150.000 Euro Gewinn. Die Immobilie wurde 2021 an zwei Tagen, im Jahr 2022 das ganze Jahr über und im Jahr des Verkaufs – also 2023 – an zwei Tagen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Folge: Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 3.9.2019 reicht diese Eigennutzung in den Jahren 2021 bis 2023 aus, um den Verkaufsgewinn steuerfrei vereinnahmen zu können.
Wenn Sie die Wohnung geschenkt bekommen haben, wird die Zeit, in der der frühere Eigentümer die Wohnung selbst bewohnt hat, Ihnen zugerechnet. Das gilt genauso für den Fall der Erbschaft. Die Steuerfreiheit gilt allerdings nicht für Ferienwohnungen. Wird das Inventar mitverkauft, ist der Gewinn daraus nicht steuerpflichtig (FG Münster, Urteil v. 3.8.2020, 5 K 2493/18 E).
Wird ein Eigenheim innerhalb der 10-jährigen Frist verkauft und befindet sich in diesem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigenheim auch ein häusliches Arbeitszimmer, muss der auf dieses Arbeitszimmer entfallende Gewinn nicht nach § 23 EStG versteuert werden (BFH, Urteil v. 1.3.2021, Az. IX R 27/19).
Was sind Veräußerungskosten?
Als Veräußerungskosten kommen beispielsweise Aufwendungen für eine:n Makler:in, für Annoncen sowie sonstige Kosten (Kopien von Plänen, Fahrtkosten zu Besichtigungsfahrten etc.) in Betracht. Wenn Sie ein Grundstück zu einem unter den Anschaffungskosten bzw. Herstellkosten liegenden Wert veräußern, sieht es nach einem Verlustgeschäft aus. Letztendlich kann es dennoch zu einer Besteuerung kommen. Der Veräußerungsgewinn erhöht sich um alle in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Abschreibungsbeträge. Die Eigenheimzulage für die Zeit der Eigennutzung ist nicht zuzurechnen, da es sich hierbei um keine Abschreibungen handelt.
Praxis-Beispiel: Abschreibungsbeträge A hat 2017 ein Grundstück für 100.000 EUR gekauft und ein Gebäude für 500.000 EUR darauf gebaut. Im Jahr 2021 veräußert A das Anwesen für 570.000 EUR. Bis zur Veräußerung hat er für das Gebäude 40.000 EUR Abschreibungen geltend gemacht.
Was nun zunächst nach einem Veräußerungsverlust (570.000 EUR - 600.000 EUR = -30.000 EUR) aussieht, wird nach der Hinzurechnung der Abschreibungsbeträge (40.000 EUR) zu einem Veräußerungsgewinn (10.000 EUR).
Wie wirken sich Veräußerungsverluste aus?
Sie müssen zunächst prüfen, ob alle relevanten Veräußerungen einen Gesamtgewinn ergeben haben. Dabei mindern Verluste eines Geschäfts die Gewinne anderer Veräußerungen.
Ergibt sich beispielsweise für das Jahr 2023 ein Gesamtverlust (Gesamtbetrag aller Gewinne abzgl. Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des Jahres 2023), darf dieser nur Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften steuersparend verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen im Jahr 2023 erzielten Einkünften ist nicht zulässig.
Wird im Jahr des Verlusts aus einem privaten Veräußerungsgeschäft kein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt, kann der Verlust mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften der letzten beiden Jahre verrechnet werden (sog. zweijähriger Verlustrücktrag). Verbleibende Verluste müssen Sie in den Folgejahren mit erzielten Veräußerungsgewinnen gegenrechnen (= unbegrenzter Verlustvortrag). Den Verlust muss das Finanzamt extra feststellen. Diese Feststellung gilt als Grundlagenbescheid und ist damit nach Bestandskraft bindend. Sofern die Verluste fehlerhaft festgestellt wurden, kann nur dieser Bescheid im Wege des Einspruchs angegriffen werden.
Wichtig: Versäumen Sie nicht, Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in der Steuererklärung geltend zu machen.
Hinweis: Veräußerungsverluste, die in den Jahren bis 2009 nach der Altregelung entstanden sind, können auch mit Gewinnen aus späteren Jahren verrechnet werden (s. Kapitaleinkünfte).
Was gilt für andere Wirtschaftsgüter bei Spekulationsgeschäften?
Veräußerungsgewinne oder -verluste aus dem Verkauf anderer Wirtschaftsgüter sind innerhalb 1 Jahres steuerpflichtig. Für Gegenstände, die als Einkunftsquelle genutzt werden und aus denen mindestens in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt wurden, erhöht sich der Spekulationszeitraum auf 10 Jahre.
Die Veräußerungsgewinne und -verluste aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des alltäglichen Gebrauchs, die nach dem 13.12.2010 erworben wurden, sind nicht mehr steuerpflichtig. Hierzu zählen insbesondere Pkw, Fernseher und andere Gebrauchsgüter.
Tipp: Informationen rund um das Thema sonstige Einkünfte finden Sie auch in unseren Gestaltungshinweisen Anlage SO sowie in der Ausfüllhilfe Anlage SO.
Freigrenze bei privatem Veräußerungsgeschäft beachten
Liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor, bleiben Gewinne bis zu einer Freigrenze von 1.000 Euro steuerfrei. Freigrenze bedeutet: Überschreitet der Gewinn 1.000 Euro, ist der Gewinn in voller Höhe zu versteuern.