Wie können Existenzgründer:innen Steuern sparen?
- Schätzen Sie Ihre Einnahmen und Gewinne im Gründerfragebogen vorsichtig.
- Nutzen Sie vor der Gründung angefallene Kosten als Betriebsausgaben, um Steuern zu reduzieren.
- Beantragen Sie steuerliche Vergünstigungen wie Ist-Versteuerung, Kleinunternehmerregelung und Vorsteuerpauschalierung.
Wenn Existenzgründer:innen sich für den Weg in die berufliche Selbstständigkeit entscheiden, müssen sie nicht nur um Kundschaft und Aufträge kämpfen. Sie sollten auch von Beginn an die steuerlichen Aspekte ihrer Tätigkeit im Blick haben. Denn neben steuerlichen Pflichten gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten und Steuertipps - von der Anrechnung vorweggenommener Betriebsausgaben bis zur Vorsteuerpauschalierung. Die Weichen dafür werden häufig schon im Gründerfragebogen gestellt.
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Die erste Hürde ist der Gründerfragebogen
Informieren Sie das Finanzamt darüber, dass Sie als Steuerzahler:in selbstständig sind, wird Ihnen postwendend einen Gründerfragebogen zugeschickt. Erste Stolperfalle ist die Frage nach dem voraussichtlichen Umsatz und Gewinn. Wer hier euphorisch einen hohen Gewinn angibt, wird kurze Zeit später vom Finanzamt einen Bescheid über die Festsetzung vierteljährlicher Einkommensteuer und gegebenenfalls auch über die Festsetzung von Gewerbesteuer bekommen. Viel besser ist es, pessimistisch eine "schwarze Null" zu schätzen - vor allem dann, wenn noch keine Aufträge oder Anhaltspunkte vorliegen, wie die Geschäfte anlaufen werden.
Steuertipps für Existenzgründer
Steuertipp 1: Existenzgründer:innen sollten EÜR-Grenzen beachten
Von den Angaben zum voraussichtlichen Umsatz und Gewinn eines Gewerbetreibenden hängt auch ab, nach welcher Gewinnermittlungsmethode Existenzgründer:innen den Gewinn ermitteln dürfen. Die einfache Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ist nur zulässig, wenn der Umsatz voraussichtlich unter 800.000 EUR und der Gewinn unter 80.000 EUR liegt. Bei Nichtgewerbetreibenden (z.B. Freiberufler:innen) darf der Gewinn unabhängig vom Umsatz und Gewinn stets nach der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden.
Steuertipp 2: Vorweggenommene Betriebsausgaben sind absetzbar
Existenzgründer:innen können bereits im Jahr vor der eigentlichen Gründung mit Verlusten bzw. Betriebsausgaben Steuern sparen. Grund: Sie dürfen dem Finanzamt alle im Zusammenhang mit der künftigen Gründung angefallenen Kosten als sogenannte "vorweggenommene Betriebsausgaben" auflisten. Die dabei entstehenden Verluste können steuersparend mit anderen, späteren Einkünften verrechnet werden.
Typische vorweggenommene Betriebsausgaben im Jahr vor der Existenzgründung sind:
- Telefon-, Porto- und Kopierkosten
- Kosten für Gründer-Fachliteratur
- Eintrittsgeld für Gründermesse
- Honorar für Beratung durch Steuerberater oder Rechtsanwalt
- Kosten für Gründerseminar
- Fahrtkosten im Zusammenhang mit der anstehenden Gründung
Entstehen vor der eigentlichen Gründung bereits erste Betriebsausgaben, sollten auf einem Extrablatt oder auf der Rückseite detailliert vermerkt werden, wie diese Ausgaben mit der geplanten Existenzgründung zusammenhängen. Das macht deshalb Sinn, weil das Finanzamt die Betriebsausgaben selbst dann anerkennen muss, wenn die Gründung - aus welchen Gründen auch immer - nicht stattfindet. Belege über vorweggenommene Betriebsausgaben sollten ausnahmsweise zusammen mit der Anlage S (selbstständige Tätigkeit) oder der Anlage G (Gewerbebetrieb) zur Einkommensteuererklärung ans Finanzamt übermittelt werden.
Startet ein:e Existenzgründer:in aus der Arbeitslosigkeit in die berufliche Selbständigkeit, gibt es zwar keine positiven Einkünfte. Die vorweggenommenen Betriebsausgaben sollte allerdings in diesem Jahr dennoch in der Einkommensteuererklärung erfasst werden. Der Grund: Ohne entsprechende Einkünfte kommt entweder ein Verlustrücktrag in Betracht (hierbei wird der Verlust aus den vorweggenommenen Betriebsausgaben mit positiven Einkünften im Vorjahr verrechnet und Steuern erstattet), oder das Finanzamt setzt die Verluste in einem Extrabescheid fest. Dann können diese Verluste zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden. Das bedeutet: Sobald der:die Existenzgründer:in positive Einkünfte erzielt, kommt es zu einer steuersparenden Saldierung mit den vom Finanzamt festgestellten Verlusten.
Steuertipp 3: Diese steuerlichen Vergünstigungen können beantragt werden
Existenzgründer:innen, die in den ersten Jahren nicht gleich sehr hohe Umsätze haben, profitieren auf Antrag von verschiedenen steuerlichen Vergünstigungen:
- Ist-Versteuerung: Für erbrachte Leistungen muss die Umsatzsteuer normalerweise bereits ans Finanzamt abgeführt werden, sobald die Leistung erbracht ist. Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung oder der Zahlung der Kundschaft spielen keine Rolle (sog. Soll-Versteuerung). Bei Umsätzen unter 800.000 EUR können Existenzgründer:innen aber einen Antrag auf Ist-Versteuerung stellen. Vorteil: Die Umsatzsteuer müssen Sie erst ans Finanzamt überweisen, wenn Ihre Kundschaft tatsächlich bezahlt hat. Das schont die Liquidität vor allem bei teuren Produkten erheblich.
- Kleinunternehmerregelung: Liegt der Umsatz im ersten Jahr unter 22.000 EUR, können Sie sich als Kleinunternehmer:in nach § 19 UStG beim Finanzamt registrieren lassen. Vorteil: Sie sparen sich sehr viel steuerlichen Papierkram. Außerdem müssen Sie in Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen, bekommen im Gegenzug allerdings auch keine Vorsteuer aus Eingangsrechnungen vom Finanzamt erstattet.
- Vorsteuerpauschalierung: Liegen die Umsätze Ihres umsatzsteuerpflichtigen Unternehmens bei höchstens 61.356 EUR, können Sie die Vorsteuer pauschal (anteilig am Umsatz) geltend machen. Das lohnt sich vor allem dann, wenn die tatsächlichen Eingangsrechnungen (z.B. weil keine großen Investitionen angefallen sind) niedriger ausfallen als die pauschale Vorsteuererstattung.
Beispiel: Der selbständige Friseurmeister Wolfgang Kraus hat im Vorjahr einen Umsatz von 25.000 EUR erzielt, aber laut seinen Eingangsrechnungen lediglich 350 EUR ausgewiesene Vorsteuer gezahlt. Durch die Vorsteuerpauschalierung kann er trotzdem 4,5 % seines Umsatzes (25.000 EUR) an Vorsteuern geltend machen, also 1.125 EUR. Er erhält also 775 EUR mehr Vorsteuer erstattet, als er tatsächlich gezahlt hat.
Achtung: Von diesen Steuertipps profitieren Existenzgründer:innen nur, wenn sie selbst aktiv werden und auf das Finanzamt zugehen. Ohne die Beantragung gibt es diese Vergünstigungen nicht.
Wichtig:
Für bestimmte Berufs- und Gewerbezweige werden die Regelungen zur Vorsteuerpauschalierung nach § 23 UStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 mit Wirkung ab 1.1.2023 aufgehoben.
Steuertipp 4: Monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen sind ein Muss
Ob ein Unternehmen monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben muss, oder ob sich das Finanzamt gar mit einer Umsatzsteuerjahreserklärung zufrieden gibt, hängt normalerweise von der Umsatzsteuerzahllast des Vorjahres ab. Doch bei Existenzgründer:innen gilt hier eine Besonderheit. Sie müssen zwingend - ohne Ausnahme - in den ersten beiden Jahren nach der Gründung monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen elektronisch ans Finanzamt übermitteln.
Erst ab dem dritten Jahr können Unternehmen dann einen Antrag stellen, der sie von der monatlichen Abgabeverpflichtung zur Übermittlung von Umsatzsteuervoranmeldungen befreit. Ab Jahr 3 der Selbstständigkeit gelten folgende Grenzen:
- Mehr als 7.500 EUR Zahllast: monatliche Voranmeldung der Umsatzsteuer
- 2.000 bis 7.500 EUR Zahllast: vierteljährliche Voranmeldung der Umsatzsteuer
- Bis 2.000 EUR Zahllast: keine Voranmeldung; es genügt eine Jahresumsatzsteuererklärung
Da die Umsatzsteuervoranmeldung für die meisten Unternehmer eine aufwendige, lästige Pflicht ist, sollten Existenzgründer:innen bzw. Jungunternehmer:innen sich Ende des zweiten Jahres der Selbstständigkeit diese Grenzen genau anschauen. In vielen Fällen kann die Häufigkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen nämlich erheblich reduziert werden.
WichtigDie Regelung, dass Existenzgründer:innen im Jahr der Gründung des Unternehmens und im darauffolgenden Kalenderjahr Voranmeldungen immer monatlich abzugeben haben, wurde allerdings für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ausgesetzt. Hat der:die Unternehmer:in die Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt, ist die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen. Wird die Tätigkeit im laufenden Jahr aufgenommen, ist die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend. Auf der Basis dieses (fiktiven) Jahresumsatzes ist zu entscheiden, ob die Grenze von 7.500 EUR überschritten wird und demnach eine monatliche Abgabe notwendig ist.