Freiberufler:innen und Gewerbetreibende: Die Unterschiede

steuern.de Redaktion
Zuletzt aktualisiert:
03. Januar 2022
Lesedauer:
4 Minuten
Die schnelle Antwort

Was ist der Unterschied zwischen Freiberufler:innen und Gewerbetreibenden?

  • Gewerbetreibende sind gewerbesteuerpflichtig, erhalten aber eine Anrechnung der gezahlten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer.
  • Freiberufler:innen beziehen «Einkünfte aus selbstständiger Arbeit» und müssen keine Gewerbesteuer bezahlen.
  • Bestimmte selbstständige Berufe gelten als freiberufliche Tätigkeiten, für andere muss ein Gewerbe angemeldet werden. Informieren Sie sich, zu welcher Gruppe Ihre Tätigkeit zählt.

Beim Schritt in die Selbstständigkeit stellt sich die Frage, ob Sie einen freien Beruf ausüben oder als Gewerbetreibende:r gelten. In diesem Beitrag lesen Sie, welche Tätigkeiten freiberuflich und welche gewerblich ausgeübt werden. Außerdem erfahren Sie, welchen steuerlichen Unterschied das macht.

Mit einer Steuersoftware erstellen Sie Ihre Steuererklärung schneller, sicherer und einfacher. Welche ist die richtige für Sie? Steuern.de-Nutzer haben fünf Programme bewertet.

Bleiben Sie informiert:
Steuern.de Newsletter

Die besten Steuertipps und aktuelle Steuerthemen. 6-8 Mal im Jahr kostenlos in Ihr Postfach.

Wer übt einen freien Beruf aus?

Freiberufler:innen beziehen "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit" und müssen keine Gewerbesteuer bezahlen. Darüber hinaus können sie ihren Gewinn stets durch eine Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln, unabhängig von der Höhe ihres Gewinns. In § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind alle freiberuflichen Tätigkeiten in Form eines Katalogs aufgeführt. Hierbei wird zwischen folgenden Gruppen unterschieden:

  • Selbstständige Ausübung (= keine Arbeitnehmertätigkeit) einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit
  • Ausübung eines sog. Katalogberufs, z. B. Heilberufe: Ärtzt:innen, Zahnärzt:innen, Tierärzt:innen, Heilpraktiker:innen, Krankengymnast:innen
  • Rechts-/wirtschaftsberatende Berufe: Rechts-, Patentanwält:innen, Notar:innen, Wirtschaftsprüfer:innen, Steuerberater:innen, -bevollmächtigte, vereidigte:r Buchprüfer:in, beratende Volks- und Betriebswirt:innen
  • Naturwissenschaftliche Berufe: Architekt:innen, Ingenieur:innen, Vermessungsingenieur:innen, Handelschemiker:innen
  • Vermittler von geistigen Gütern und Information: Journalist:innen, Bildberichterstatter:innen, Dolmetscher:innen, Übersetzer:innen
  • Lots:innen
  • Lotterieeinnehmer:innen
  • Sonstige selbstständige Tätigkeiten (Testamentsvollstrecker:innen, Nachlasspfleger:innen, Vermögens-, Zwangs-, Konkurs-, Vergleichs- oder Hausverwalter:innen, Tätigkeit im Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Beirat)

Alle Selbstständigen, die keine Tätigkeit entsprechend dieser Gruppen ausüben, sind Gewerbetreibende.

Wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit

Zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit gehört neben der eigentlichen Grundlagenforschung auch die angewandte Wissenschaft. Personen, die, ohne wissenschaftliche Erkenntnisse zu erweitern, eine nach wissenschaftlichen Methoden aufgebaute Arbeit leisten (z. B. Erstellung von Einzelfallgutachten), sind wissenschaftlich tätig.

Maler:innen, Bildhauer:innen, Komponist:innen, Dichter:innen, Musiker:innen, Sänger:innen und Schauspieler:innen üben i. d. R. eine künstlerische Tätigkeit aus. Der Abschluss eines artverwandten Hochschulstudiums (z. B. Kunst- oder Musikhochschule) spricht für eine künstlerische Betätigung.

Eine schriftstellerische Tätigkeit liegt vor, wenn es sich bei dem für die Öffentlichkeit Geschriebenen um den Ausdruck eigener Gedanken handelt. Ein:e "Schriftsteller:in" muss kein:e Dichter:in oder Gelehrte:r sein.

Eine unterrichtende Tätigkeit liegt immer dann vor, wenn der Unterricht darauf abgestimmt ist, Menschen Fähigkeiten zu vermitteln. Beispiele: Erteilung von Tanz-, Koch-, Turn-, Schwimm-, Reit-, Sprach-, Musik-, Zeichen-, Fahr- oder Nachhilfeunterricht. Beinhaltet eine Tätigkeit unterrichtende, aber auch gewerbliche Elemente, führt dies nur zu freiberuflichen Einkünften, wenn die Gesamttätigkeit von der unterrichtenden Betätigung dominiert wird.

Heil- oder Heilhilfsberufe

Heil- oder Heilhilfsberufe werden freiberuflich ausgeübt, wenn die Tätigkeit der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dient, auch vorbeugende Gesundheitspflege.

"Ähnliche Berufe"

Die Ausübung eines einem Katalogberuf ähnlichen Berufs wird ebenfalls als freiberufliche Tätigkeit eingestuft. Die Formulierung im Gesetz ist offen gefasst. Ein ähnlicher Beruf ist nicht nur bei staatlicher Ausbildung und Prüfung gegeben. Fehlen gesetzliche Regelungen in dieser Hinsicht, kann durch eine vergleichbare Ausbildung und eine Zulassung trotzdem ein ähnlicher Beruf vorliegen.

Was muss ich als Freiberufler:in bei der Beschäftigung von Mitarbeitenden beachten?

Eine freiberufliche Tätigkeit kann nur ausüben, wer aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Die Beschäftigung von Hilfskräften (Sekretär:in etc.) ist unschädlich. Werden fachlich vorgebildete Mitarbeitende beschäftigt ist dies ebenfalls unschädlich, solange Sie als Betriebsinhaber:in Ihre Arbeitskraft so einsetzen, dass Sie die uneingeschränkte fachliche Verantwortung für sämtliche Arbeiten übernehmen können. Zu einer Einstufung als Gewerbebetrieb kam es bisher, wenn Mitarbeitende in unüblich großem Umfang beschäftigt werden. Der Bundesfinanzhof hat dies eingeschränkt. Solange der:die Inhaber:in persönlich mitarbeitet, leitend und eigenverantwortlich tätig wird, bleibt es bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit.

Was müssen Freiberufler:innen bei einer gemeinsamen Berufsausübung beachten?

Wenn sich Freiberufler:innen (z. B. Ärzt:innen, Rechtsanwält:innen, Architekt:innen etc.) zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenschließen, erzielen sie weiterhin "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit".

Praxis-Tipp Wenn ein Teil Ihrer gesamten Tätigkeit isoliert gesehen als freiberuflich, ein anderer Teil aber als gewerblich anzusehen ist, sollten Sie die Tätigkeiten in zwei Betriebe (einen freiberuflichen und einen gewerblichen) aufteilen. Achten Sie dabei auf eine strikte Trennung (getrennte Bankkonten) der Kosten und der Einnahmen. Für die beiden Betriebe muss der Gewinn jeweils gesondert ermittelt werden.

Anzeige

Welche steuerlichen Vorteile haben Gewerbetreibende?

Inhaber:innen eines Einzelunternehmens und Gesellschafter:innen einer Personengesellschaft erhalten als Gewerbetreibende bei der Einkommensteuer eine Ermäßigung. Diese beträgt das 4-Fache des Gewerbesteuermessbetrags (Gewerbesteueranrechnung). Bei Personengesellschaften erhalten die einzelnen Gesellschafter:innen den Anrechnungsbetrag anteilig. Die Vorschrift bewirkt, dass bei einem Hebesatz von bis zu 380 % die entrichtete Gewerbesteuer durch Anrechnung auf die Einkommensteuer im vollen Umfang in das Unternehmen zurückfließt.

Allerdings ist die Gewerbesteuer seit 2008 nicht mehr im Rahmen der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe abzugsfähig. Berücksichtigt man auch den Solidaritätszuschlag, so mindert sich die Steuerbelastung insgesamt um ca. 401 %. Die Kirchensteuer wird allerdings nicht berührt.

Die pauschale Gewerbesteuerermäßigung berechnet sich nach folgender Formel:

Summe der positiven gewerblichen Einkünfte : Summe aller positiven Einkünfte × tarifliche Einkommensteuer.

Übersteigt die anzurechnende Gewerbesteuer die nach dieser Formel errechnete anteilige Einkommensteuer, verfällt der Anrechnungsüberhang. Dazu kann es z. B. kommen, wenn Sie noch andere Einkünfte haben.

Praxis-Tipp: Horizontaler VerlustausgleichBei Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags können positive und negative Erebnisse aus verschiedenen Quellen innerhalb einer Einkunftsart verrechnet werden. Bei Eheleuten sind positive Einkünfte der einen Seite nicht mit negativen Einkünften der anderen Seite aus der gleichen Einkunftsart zu verrechnen.

 

Praxis-BeispielSie erzielen mit Ihrem Gewerbebetrieb einen Gewinn i. H. v. 100.000 EUR. Hierfür müssen 10.570 EUR Gewerbesteuer (Gewerbesteuermessbetrag 2.642 × Hebesatz 400 %) an die Gemeinde bezahlt werden. Außerdem haben Sie Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 50.000 EUR und einen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 100.000 EUR. Unter Berücksichtigung der übrigen Abzüge ergibt sich eine Einkommensteuerschuld i. H. v. 9.000 EUR.

Frage: Wie hoch ist die Höhe der Ermäßigung?
Antwort: Gewerbliches Einkommen 100.000 EUR : Summe aller Einkünfte 50.000 EUR x ESt. 9.000 EUR = 18.000 EUR. Damit ist der Gesamtbetrag von 10.570 EUR anrechnungsfähig.

Der Abzug des Steuerermäßigungsbetrags ist zusätzlich auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. Durch die Auswirkung auf den Solidaritätszuschlag kann die Ersparnis insgesamt allerdings größer sein als die tatsächliche Gewerbesteuerschuld.

Tipp: Weitere steuerliche Informationen rund um das Thema Einkünfte aus selbstständiger Arbeit finden Sie auch in unsere Gestaltungshinweisen zur Anlage S sowie in unserer Ausfüllhilfe Anlage S.


Finden Sie die beste Steuersoftware

Mit einer Steuersoftware machen Sie die Steuererklärung schneller, sicherer und bekommen mehr Geld zurück. Diese Programme passen zu Ihnen.

zum Steuersoftwaretest

Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberater:innen in Ihrer Nähe

In unserem Steuerberaterverzeichnis finden Sie kompetente Hilfe bei schwierigen Steuerfällen.