Wie funktioniert der Vorsteuerabzug für Unternehmer:innen?
- Unternehmer:innen können die Vorsteuer von der Umsatzsteuer abziehen, wenn sie eine qualifizierte Eingangsrechnung erhalten.
- Qualifizierte Rechnungen erfordern spezifische Angaben.
- Häufige Fehlerquellen beim Vorsteuerabzug sind fehlende oder falsche Steuernummern, vage Leistungsbeschreibungen und nicht ausgewiesene Steuerbeträge auf Rechnungen.
Auch Unternehmer:innen zahlen beim Kauf von Gütern und Dienstleistungen Umsatzsteuer. Allerdings können Sie dieses Geld über den Vorsteuerabzug vom Finanzamt zurückverlangen. Der Grund: Die Umsatzsteuer soll nur vom Endverbraucher getragen werden. Damit es mit dem Vorsteuerabzug klappt, müssen die Eingangsrechnungen jedoch einige Vorgaben erfüllen. Hier die wichtigsten Infos rund um das Thema Vorsteuerabzug.
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So funktioniert der Vorsteuerabzug
Erhält ein:e Unternehmer:in für sein:ihr Unternehmen eine Rechnung von einem:einer anderen Unternehmer:in, kann er:sie diese Vorsteuer von der Umsatzsteuer für seine:ihre eigenen Umsätze abziehen.
Beispiel: Unternehmer Becker hat im Oktober Umsätze von 20.000 EUR zzgl. 3.800 EUR Umsatzsteuer erzielt. Für Waren und Dienstleistungen hat er im Mai 15.000 EUR zzgl. 2.850 EUR Umsatzsteuer ausgegeben.
Umsatzsteuer 3.850 EUR
./. Vorsteuer 2.850 EUR
Zahllast Oktober 1.000 EUR
Achtung: Richtige Umsatzsteuer ausweisenDie Umsatzsteuer wurde zum 1.1.2021 wieder auf 19 % erhöht (vom 1.7. bis zum 31.12.2020 war sie auf 16 % gesenkt). Sie sollten unbedingt darauf achten, den reduzierten Steuersatz auszuweisen.
Bei Leistungen an Unternehmer:innen, die vorsteuerabzugberechtigt sind, gilt nämlich: Stellen Sie die Rechnung mit 16 % aus, erbringen die Leistung jedoch nach 31.12.2020, haben Sie zu wenig Umsatzsteuer ausgewiesen. Sie müssen trotzdem 19 % abführen - der Leistungsempfänger kann jedoch nur 16 % als Vorsteuer abziehen.
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
Bei der Vorsteuererstattung sind die Finanzämter sehr streng. Nur wenn wirklich alle Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es zur Erstattung von Vorsteuern. Hier die wichtigsten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Überblick:
Voraussetzungen des:der Unternehmer:in
Der Vorsteuerabzug steht einem:einer Unternehmer:in nur zu, wenn er:sie selbst umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringt. Führt ein:e Unternehmer:in dagegen umsatzsteuerfreie Leistungen aus (z. B. Ärzte oder Ärztinnen, Versicherungsmakler:innen), ist er:sie nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Voraussetzungen in Eingangsrechnungen mit einem Bruttowert von mehr als 250 EUR
Bei Eingangsrechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ab einem Bruttobetrag von 250 EUR müssen in der Rechnung folgende Mindestangaben enthalten sein, damit ein Vorsteuerabzug möglich ist:
- Name und Anschrift des:der leistenden Unternehmer:in
- Name und Anschrift des:der Leistungsempfänger:in (Kund:in)
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des:der leistenden Unternehmer:in
- Ausstellungsdatum der Rechnung
- Fortlaufende Rechnungsnummer
- Menge und Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung bzw. Art und Umfang der sonstigen Leistung
- Aufschlüsselung des Entgelts nach Steuersätzen und Steuerbefreiungen
- Im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts (Skonto, Rabatt)
- Anzuwendender Steuersatz und Steuerbetrag (oder Hinweis auf Steuerbefreiung)
- Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung
- Der anzuwendende Steuersatz sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag
Voraussetzungen in Eingangsrechnungen mit einem Bruttowert bis 250 EUR
Für sogenannte Kleinbetragsrechnungen bestehen hinsichtlich der Pflichtangaben einige Erleichterungen. Die Grenze für diese liegt seit dem 1. Januar 2017 bei 250 EUR (zuvor 150 EUR). Bei Kleinbetragsrechnungen müssen lediglich folgende Angaben enthalten sein:
- Name und die Anschrift des leistenden Unternehmens
- Ausstellungsdatum der Rechnung
- Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung
- Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe
- anzuwendender Steuersatz
Diese Erleichterungen für Kleinbetragsrechnungen gelten nicht
- beim grenzüberschreitenden Versandhandel,
- bei innergemeinschaftlichen Lieferungen,
- sowie bei Reverse-Charge-Leistungen.
Typische Stolpersteine beim Vorsteuerabzug
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug verweigert, weil bestimmte Rechnungsangaben fehlen, nicht korrekt oder zu "schwammig" formuliert sind. Hier finden Sie die häufigsten Fehlerquellen, die zum Verlust des Vorsteuerabzugs führen können:
- Steuernummer fehlt oder ist offensichtlich falsch. Fehlt einer Eingangsrechnung mit einem Bruttowert von mehr als 250 EUR die Steuernummer bzw. die USt-IdNr. des:der Rechnungssteller:in, so ist kein Vorsteuerabzug möglich. Der:Die Rechnungsempfänger:in muss die in der Rechnung angegebene Steuernummer zwar nicht überprüfen. Ist sie jedoch offensichtlich falsch (z. B. weil sie Buchstaben enthält) kippt der Vorsteuerabzug.
Hinweis: Ein Sonderfall ist bei Gutschriften zu beachten. Für den Vorsteuerabzug ist entscheidend, dass die Steuernummer des:der Gutschriftsemfänger:in (= leistende:r Unternehmer:in) ausgewiesen wird und nicht die Steuernummer des:der Gutschriftsaussteller:in.
- Leistungsbeschreibung zu schwammig. Ein weiterer häufiger Grund für die Versagung des Vorsteuerabzugs ist, dass aus der Rechnung nicht klar genug hervorgeht, was eigentlich abgerechnet wird. Steht in der Rechnung beispielsweise nur "Sonstige Leistungen" oder "Beratungsleistungen", ist die Leistungsbeschreibung nicht präzise genug, was zum Verlust des Vorsteuerabzugs führt.
Praxis-Tipp:Kann der Rechnung - z. B. durch eine Anlage - entnommen werden, wofür genau abgerechnet wird, ist der Vorsteuerabzug trotz zu ungenauer Leistungsbeschreibung möglich. Dasselbe gilt, wenn irgendwo in der Rechnung auf eine schriftliche Vereinbarung hingewiesen wird, aus der sich die Leistungen ergeben.
- Steuerbetrag nicht extra ausgewiesen. Bei Rechnungen mit einem Bruttowert von mehr als 250 EUR wird der Umsatzsteuerbetrag häufig nicht explizit ausgewiesen. Steht in der Rechnung beispielsweise nur "inklusive .... Umsatzsteuer", dann ist der Vorsteuerabzug verloren.
- Nicht mehr lesbare Belege. Verblasste und deshalb nicht mehr lesbare Belege führen ebenfalls häufig zum Wegfall des Vorsteuerabzugs. Ausweg: Belege zur Sicherung des Vorsteuerabzugs kopieren oder scannen.
Vorsteuerabzug sichern durch 4-Augen-Prinzip
Bei einer Umsatzsteuerprüfung gehen Prüfer:innen des Finanzamts die einzelnen Rechnungsinhalte durch und prüfen, ob diese erfüllt sind oder nicht. Diese Arbeit sollte bereits bei Eingang einer Rechnung passieren - und in jedem Fall bevor Sie die Rechnung bezahlen.
In der Praxis hat sich die Rechnungsprüfung für den Vorsteuerabzug nach dem
"4-Augen-Prinzip" bewährt: Lassen Sie alle Eingangsrechnungen von 2 Personen im Unternehmen auf ihre Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug prüfen. Nur wenn beide Mitarbeitenden zustimmen, sollte die Rechnung bezahlt werden. Hat eine Person Bedenken, sollte zur Sicherstellung des Vorsteuerabzugs eine berichtigte Rechnung von dem:der Rechnungsaussteller:in angefordert werden.
Praxis-TippUm zu erreichen, dass der:die Rechnungssteller:in auch wirklich eine berichtigte Rechnung schickt, mit der ein Vorsteuerabzug möglich ist, sollte die Rechnung erst bei Eingang der neuen Rechnung beglichen werden.