Die Preise für Heizöl, Gas, Treibstoff und Strom sind drastisch gestiegen. Um Entlastung zu schaffen, einigte sich die Bundesregierung auf ein Maßnahmenpaket mit Entlastungen. Der Bundesrat hat diesem Steuerentlastungspaket am 20. Mai 2022 zugestimmt. Hier erhalten Sie einen Überblick über die enthaltenen Maßnahmen.
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Erstes Steuerentlastungspaket
Steigende Energiepreise machen Entlastung notwendig
Das Steuerentlastungsgesetz 2022 soll den Preisanstieg für Bürger:innen abfedern. Hier spielen insbesondere Energiepreise eine Rolle. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine wird von weiteren Preissteigerungen – vor allem für Gas – ausgegangen.
Auch Waren des täglichen Bedarfs haben sich in den vergangenen Monaten stark verteuert. Die Inflation liegt derzeit bei etwa 5 Prozent. Diese Entwicklung wurde bislang steuerlich nicht berücksichtigt, weswegen viele Menschen inflationsbereinigt weniger in der Tasche haben als zuvor. In den folgenden Bereichen soll es nun steuerliche Entlastung geben:
Rückwirkend zum 1. Januar 2022 steigt die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer von bislang 35 Cent auf 38 Cent. Diese Erhöhung war ursprünglich erst ab dem 1. Januar 2024 geplant und wurde nun wegen der gestiegenen Spritpreise vorgezogen. Die Erhöhung ist bis Ende 2026 befristet.
Klimaschützer sind von diesem Schritt wenig begeistert. So sagt etwa Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings: „Wer die Pendlerpauschale erhöht, heizt die fossile Inflation an.“ Auch viele Grüne sehen die höhere Pauschale kritisch – es soll noch in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Entfernungspauschale geben.
Frühere Abschaffung der EEG-Umlage
Die geplante Abschaffung der EEG-Umlage wird mit dem Steuerentlastungsgesetz vorgezogen. Ab dem 1. Juli 2022 müssen theoretisch 3,7 Cent pro kWh Strom weniger gezahlt werden. Für eine Familie mit einem jährlichen Verbrach von 4000 kWh wäre das eine Ersparnis von 180 Euro.
Es ist allerdings noch abzuwarten, ob die Energieversorger die Ersparnis auch wirklich an Verbraucher:innen weitergeben: Die EEG-Umlage wurde auch schon zum 1. Januar 2022 gesenkt, bei den Menschen angekommen ist diese Entlastung leider nicht.
Heizkostenzuschuss
Für 2,1 Millionen Wohngeldberechtigte soll es im Sommer 2022 einen einmaligen Heizkostenzuschuss geben:
270 Euro gibt es für allein Wohnende, 350 Euro für Zwei-Personen-Haushalte. Für jedes weitere Familienmitglied, das im Haushalt lebt, gibt es 70 Euro zusätzlich. Bafög-Empfänger:innen. Bezieher von Aufstiegs-Bafög und Empfänger:innen der Berufsausbildungsbeihilfe erhalten pauschal 230 Euro.
Die Hilfe wurde schon vor dem Krieg gegen die Ukraine beschlossen. Da im Zuge des Krieges die Energiepreise deutlich anzogen, wurden die Summen, die ausgezahlt werden sollen, daraufhin deutlich erhöht.
Achtung: Antrag auf Wohngeld stellenBis zu zwei Drittel der Haushalte, die einen Anspruch auf Wohngeld haben, haben noch keinen Antrag auf Wohngeld gestellt. Sie sollten das also schleunigst tun. Den Antrag stellen Sie bei Ihrer Stadtverwaltung bzw. dem Landratsamt.
Höherer Grundfreibetrag
Auch der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer steigt rückwirkend zum 1.1.2022. Die ersten 10.347 Euro sind dann steuerfrei, um das Existenzminimum zu sichern (bislang 9.984 Euro).
Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird angehoben
Zum ersten Mal wird auch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag – oft als Werbungskostenpauschale bezeichnet – angehoben. Rückwirkend zum 1. Januar 2022 beträgt die Pauschale 1.200 Euro (statt bisher 1.000 Euro)
Tipp: Steuererklärung abgeben! Wer sichergehen will, dass die Steuerentlastung tatsächlich ankommt, sollte auf jeden Fall nächstes Jahr eine Steuererklärung für 2022 abgeben.
Zweites Steuerentlastungspaket
Die Inhalte des zweiten Steuererntlastungspakets beziehen sich vor allem auf die stark gestiegenen Energie- und Spritpreise. Vorgesehen sind folgende Entlastungen:
Alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1-5), erhalten im September 2022 eine Pauschale von einmalig 300 EUR. Das Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbstständigen wird stattdessen die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer.
Tipp: Legaler Trick für Ruheständler:innenDie Pauschale sorgt für Unmut bei Menschen im Ruhestand - denn von ihr sollen nur einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige profitieren. Dies wird damit begründet, dass die Renten zum 1. Juli dieses Jahres kräftig angehoben werden und damit schon eine Entlastung stattfindet.
Es ist allerdings ein legaler Trick durchgesickert, mit dem auch Ruheständler:innen in den Genuss der Pauschale kommen: CDU-Finanzexpertin Antje Tillmann weißt darauf hin, dass die Beschäftigung an einem Tag im Jahr 2022 ausreicht, um auf der Liste der Begünstigten zu landen. Die Energiepreispauschale gibt es also auch für kurzfristig (geringfügig) Beschäftigte. Wenn ein:e Rentner:in für eine Stunde zum Mindestlohn von 12 Euro auf die Enkelkinder aufpasst, können diese Einkünfte in der Steuererklärung angegeben werden. Das Finanzamt prüft dann automatisch die Anspruchsvoraussetzung und die Energiepauschale wird im Mai 2023 ausbezahlt.
Wichtig: Die Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Angehörigen ist laut Bundesfinanzministerium, dass es "ernsthaft vereinbart und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird." Sie können zum Beispiel mit einem Kontoauszug nachweisen, dass die Arbeit auch tatsächlich ausgeführt und mit einem Gehalt beziehungsweise Honorar vergütet wurde.
Ab Juni 2022 wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet für drei Monate auf das europäische Mindestmaß abgesenkt. Das dient v. a. dazu Pendler:innen und Firmen zu entlasten.
Damit reduziert sich der Steuersatz
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für Benzin um 29,55 Cent / Liter,
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für Dieselkraftstoff um 14,04 Cent / Liter,
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für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 Euro / MWh und
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für Flüssiggas (LPG) um 12,66 Cent / Liter.
Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr werden deutlich günstiger: Für die Monate Juni, Juli und August gibt es ein bundesweit gültiges Ticket für den ÖPNV für je 9 Euro pro Monat. Das Ticket gilt für den gesamten Nah- und Regionalverkehr und ist nicht auf einzelne Verkehrsverbünde beschränkt. Fahrten gibt es an den normalen Verkaufsstellen, Fahrkartenautomaten oder über die App "DB-Navigator" von der Deutschen Bahn.
Tipp: Erstattung für Fahrkarten-AboSie haben bereits eine Monatskarte, Jahreskarte oder ein Job-Ticket? Dann erhalten Sie automatisch vom Anbieter des Tickets eine entsprechende Erstattung.
Familien erhalten für jedes Kind für das im Juli 2022 Kindergeld bezogen wird einen Einmalbonus in Höhe von 100 EUR über die Familienkassen. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Der Kinderbonus wird vermutlich frühestens im September 2022 überwiesen, da die Familienkassen noch etwas zeitlichen Vorlauf brauchen.
Für Empfänger:innen von Sozialleistungen wie zum Beispiel Hartz IV (Arbeitslosengeld II) wurde schon zuvor eine Einmalzahlung von 100 Euro beschlossen. Diese wird nun auf 200 Euro pro Person erhöht. Der Zuschlag soll im Juli 2022 ausbezahlt werden.
Die Koalition verständigte sich außerdem auf Maßnahmen für mehr Energieeffizienz.
Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden - im Koalitionsvertrag war das bisher zum 1.1.2025 vorgesehen. Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümer:innen von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive gestartet werden.
Ab 2023 soll im Wohnungsbau zudem der Effizienzstandard EH55 gelten. Energieeffizienz sei wichtig, um unabhängig von Russland zu werden.
Weitere Steuerentlastungen 2022
- Sofortzuschlag für armutsgefährdete Kinder: Arme Familien mit Kindern erhalten ab dem 1. Juli 2022 monatlich 20 Euro als Zuschlag von der Kindergeldkasse.
- Homeoffice-Pauschale: Die Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Arbeitstag wird bis Ende 2022 verlängert.
- Mindestlohn: Der gesetzliche Mindestlohn wird ab Oktober auf 12 Euro erhöht. In diesem Zusammenhang steigt auch die Minijob-Grenze von 450 Euro auf 520 Euro.
- Kurzarbeitergeld: Die maximale Bezugsdauer wurde schon mit dem Corona-Steuerhilfegesetz auf 28 Monate gestreckt.