Mehrwertsteuersenkung 2020: Das gilt für Selbständige

Bernhard Köstler
Zuletzt aktualisiert:
08. November 2021
Lesedauer:
6 Minuten
Die schnelle Antwort

Welche Mehrwertsteuersätze gelten ab Juli 2020?

  • Der Regelsteuersatz für die Mehrwersteuer ist vom 1.7. - 31.12.2020 reduziert auf 16 %.
  • Der ermäßigte Umsatzsteuersatz beträgt in dieser Zeit 5 %.

Aufgrund der Corona-Krise hat die Bundesregierung für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 die Mehrwertsteuersenkung beschlossen. Diese Neuregelung, die im „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“ zu finden ist, soll die Kauflaune von Privatkunden steigern und somit die Konjunktur in Deutschland beleben. Hier die wichtigsten Infos zur Mehrwertsteuersenkung, die Sie als Selbständigeroder Gewerbetreibender unbedingt beachten sollten.

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Gleich vorab eine wichtige Info: Zwischen den Begriffen Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer gibt es keinen Unterschied. In Rechnungen finden Sie beide Begriffe, auch als Abkürzung MwSt oder USt. Es handelt sich dabei stets um die Mehrwertsteuer / Umsatzsteuer, die letztendlich von Privatleuten bezahlt wird.

Mehrwertsteuersenkung: Diese neuen Umsatzsteuersätze gelten

Im Zeitfenster vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 führt die Mehrwertsteuersenkung zu folgenden Umsatzsteuersätzen:

  • Regelsteuersatz: Der Umsatzsteuersatz sinkt von bisher 19 % auf 16 %.
  • Ermäßigter Steuersatz: Der ermäßigte Umsatzsteuersatz sinkt im Rahmen der Mehrwertsteuersenkung von bislang 7 % auf nur noch 5 %.

Besonderheiten in der GastronomieEine Sonderregelung gilt in Punkto Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie. Denn in der Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 muss für vor Ort verzehrte Speisen nur noch der ermäßigte Umsatzsteuersatz ausgewiesen werden. In der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 muss auf der Restaurantrechnung für Speisen also nur noch der 5%ige Umsatzsteuersatz stehen, in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 dann der 7%ige Umsatzsteuersatz.

Wieso ist die Mehrwertsteuersenkung befristet?

Die Ziel der Senkung ist es, den Konsum anzukurbeln und Kaufanreize zu setzen. Das geht nur durch die Befristung, denn – so die Hoffnung – größere Anschaffungen oder z. B. Bauprojekte werden dadurch vorgezogen, um die Steuervergünstigung „mitzunehmen“. Wäre die Senkung nicht befristet, gäbe es diese „Vorzieheffekte“ nicht. Die Bundesregierung erwartet, dass sich die Wirtschaft bis zum Ende der Mehrwertsteuersenkung soweit erholt hat, dass die positiven Effekte des Konjunkturpakets dann weiterschwingen.

Müssen Selbständige die Mehrwertsteuersenkung an ihre Kunden weitergeben?

Der Gesetzgeber kann Sie als Selbständigen nicht dazu zwingen, die Mehrwertsteuersenkung durch geminderte Preise für Waren oder Dienstleistungen an Privatkunden weiterzugeben. Sie können die Preise auch beibehalten und die Mehrwertsteuersenkung dazu nutzen, Ihre Gewinnspanne zu erhöhen.

Doch während des Zeitfensters vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 werden Privatkunden wohl enormen Druck auf Unternehmer aufbauen. Schließlich wollen sie beim Einkauf oder bei Dienstleistungen sparen. Es besteht also durchaus das Risiko, dass Kunden zur Konkurrenz abwandern, wenn Sie Ihre Preise trotz Mehrwertsteuersenkung beibehalten, Ihre Konkurrenten die Ersparnis jedoch an die Kunden weitergeben.

Die Situation ist für Selbstständige und Gewerbetreibende also nicht ganz einfach: Geben Sie die Steuererleichterung 1:1 an Ihre Kunden weiter, steigern sich Gewinn und Liquidität nur, wenn die Kunden dadurch tatsächlich mehr kaufen. Streichen Sie die Mehrwertsteuersenkung selbst ein und steigern damit Ihre Marge, könnte es jedoch vom einen oder anderen Kunden kritisch gesehen werden. Sie sollten daher nicht nur an die nackten Zahlen denken, sondern ein gewisses Fingerspitzengefühl walten lassen. Wie verhält sich Ihr Wettbewerb? Wie preissensibel sind Ihre Kunden? Und nicht zuletzt: Gibt es bei Ihrem Produkt / Dienstleistung überhaupt eine Vergleichbarkeit der Preise?

Woher weiß ich, welcher Umsatzsteuersatz auszuweisen ist?

Es gilt folgende Faustformel für die Mehrwertsteuersenkung: Die neuen Umsatzsteuersätze sind in der Rechnung auszuweisen, wenn in dem Zeitfenster vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 ein Umsatz ausgeführt wird:

  • Bei Lieferung von Waren ist das der Zeitpunkt, in dem der Unternehmer seinen Kunden die Verfügungsmacht an der Ware verschafft.
  • Bei Dienstleistungen ist der Umsatz ausgeführt, wenn die Leistung erfolgt ist.

Beispiel LieferzeitpunktEin Kunde hat im Februar 2020 ein Fahrzeug gekauft, das im August 2020 an ihn ausgeliefert wird. Folge: Da der Umsatz in dem Zeitfenster der Mehrwertsteuersenkung ausgeführt wurde, muss in der Rechnung die Umsatzsteuer mit 16 % ausgewiesen werden. Würde das Fahrzeug schon im Juni (oder erst im Januar 2021) geliefert, betrüge die Umsatzsteuer 19 %.

Achten Sie auf jeden Fall darauf, die richtige Mehrwertsteuer auszuweisen. Stellen Sie zum Beispiel Ihre Kasse nicht um und auf dem Kassenbon werden zwischen Juli und Dezember 2020 noch 19 % Mehrwertsteuer ausgewiesen, dann müssen Sie auch diese 19 % abführen.

Was muss bei Teilleistungen – zum Beispiel im Baugewerbe – beachtet werden?

In manchen Branchen ist die Ausführung von Aufträgen in mehreren Teilleistungen üblich. Zum Beispiel bei Bauunternehmen. Es kann hierbei vorkommen, dass einzelne Teilleistungen einem unterschiedlichen Mehrwertsteuersatz unterliegen – ja nach Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. Abnahme dieser.

Beispiel TeilleistungenBaut ein Bauunternehmen ein Haus für einen Privatkunden, können Teilleistungen vereinbart werden. Zum Beispiel:
  1. Fertigstellung des Hauses (im Oktober 2020)
  2. Fertigstellung der Außenanlagen (im April 2021)
Für die erste Teilleistung wären in diesem Fall 16 % Mehrwertsteuer auszuweisen, für die zweite 19 %. Es lohnt sich in diesem Fall wirklich, „pünktlich wie die Maurer“ zu sein. Denn wenn die erste Teilleistung sich verzögern würde und erst 2021 abgeschlossen wird, würde auch hierfür der Mehrwertsteuersatz von 19 % gelten!

Was gilt bei Mietverträgen, Wartungsverträgen und Leasingverträgen?

Diese Verträge sind klassische Beispiele für sogenannte Dauerleistungen. Hier wird die Leistung nicht komplett für einen vereinbarten Zeitraum abgerechnet, sondern für kürzere Zeitabschnitte. Dadurch kann für unterschiedliche Zeitabschnitte eine unterschiedliche Umsatzsteuer gelten.

Gerade bei Mietverträgen werden meist keine monatlichen Rechnungen geschrieben. Ist dies der Fall, gilt der Mietvertrag als Rechnung. Es empfiehlt sich daher, den Vertrag anzupassen. Ansonsten werden weiterhin 19 % Mehrwertsteuer ausgewiesen. Eventuell wird es für diesen Fall jedoch eine Vereinfachungs- oder Übergangsregelung durch das Bundesfinanzministerium geben.

Aktueller Stand in den Schreiben des Finanzministeriums

Im Zweifel lohnt es sich, ab und an einen Blick auf die Website des Bundesfinanzministeriums zu werfen. Dort ist in der Rubrik „BMF-Schreiben“ ein Entwurf eines BMF-Schreibens zur Mehrwertsteuersenkung oder ein endgültiges BMF-Schreiben mit allen Besonderheiten und Spielregeln zur Mehrwertsteuersenkung zu finden.

Wiederanhebung der Mehrwertsteuer 2021

Von Beginn an war klar: Zum 1. Januar 2021 werden die Steuersätze wieder auf 19 % bzw. 7 % angehoben. Hierbei gibt es für Unternehmer und Selbständige ein paar Dinge zu beachten. Bei der Mehrwertsteuersenkung im Juli gab es Vereinfachungsregelungen für Unternehmer. Diese sind jedoch nur bedingt auf die Mehrwertsteueranhebung anwendbar.

Ein Beispiel: Gastronomiebetriebe durften in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 2020 schon den abgesenkten Steuersatz für alle ausgeführten Leistungen anwenden. Würde man diese Regelung nun einfach auf die Nacht vom 31. Dezember 2020 auf den 1. Januar 2021 übertragen, hieße das, dass die Gastronomiebetriebe gerade in der Silvesternacht höhere Steuern zahlen müssten. Bei früheren Mehrwertsteuererhöhungen durfte in der Nacht zum höheren Steuersatz noch der alte niedrigere Steuersatz angewendet werden – ob das nun wieder der Fall ist, ist aktuell noch offen.

So sichern Sie den niedrigeren Steuersatz

Ihre Kunden haben ein Interesse daran, Leistungen noch bis zum 31. Dezember 2020 zu erhalten – zumindest, wenn sie nicht oder nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Je näher die Mehrwertsteueranhebung rückt, desto schwieriger wird es, Leistungen tatsächlich noch bis zum 31. Dezember 2020 auszuführen. Das gilt vor allem, wenn längere Lieferfristen (z. B. bei Autos) oder Ausführungszeiten (z. B. am Bau) bestehen. Wie kann in einem solchen Fall der abgesenkte Steuersatz gesichert werden?

Bei Bauleistungen, die nicht bis zum 31.12.2020 ausgeführt und abgenommen werden können, sollten Sie prüfen, ob sie eine Teilleistung vereinbaren und abrechnen können (siehe oben).

Bei der Lieferung von Gegenständen gibt es in der Regel keine Teilleistungen. In diesem Fall sollen Sie prüfen, ob sie den niedrigen Steuersatz durch den Verkauf eines Gutscheins sichern können. Dies geht nur mit sogenannten Einzweckgutscheinen. Dieser ist – wie der Name sagt – an einen bestimmten Zweck gekoppelt. Die genaue Leistung steht schon fest und die Umsatzsteuer entsteht – im Gegensatz zum Mehrzweckgutschein – schon beim Verkauf des Gutscheins.

Aktuell wird diskutiert, ob der Steuersatz gesichert werden kann, wenn ein Gegenstand bestellt und 2021 geliefert wird und gleichzeitig 2020 ein Einzweckgutschein dafür gekauft wird. Ein Beispiel wäre die verbindliche Bestellung eines Pkw zur Lieferung im Jahr 2021 und Verkauf eines Einzweckgutscheins 2020 mit 16 % Umsatzsteuer, der dann bei Lieferung des Fahrzeugs 2021 eingelöst wird.

Achtung: Anzahlungen oder Vorauszahlungen vor dem 31.12.2020 haben keinen Einfluss auf die endgültige Festlegung des maßgeblichen Steuersatzes. Auch die Ausstellung einer Rechnung vor dem 1.1.2021 sichert nicht die abgesenkten Steuersätze, wenn die Leistung tatsächlich erst ab dem 1.1.2021 ausgeführt wird!


Profilfoto Bernhard Köstler

Bernhard Köstler

Bernhard Köstler ist Dipl.-Finanzwirt, Journalist und Fachbuchautor.

Er ist seit 1991 in der Münchener Finanzverwaltung tätig.

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