Grundsteuerreform im Überblick
- 1. Januar 2022: Hauptfeststellungszeitpunkt für die Ermittlung der neuen Grundsteuerwerte im Rahmen der Grundsteuerreform
- Ende März 2022: Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärungen (Grundsteuererklärung)
- 1. Juli 2022: Elektronische Übermittlung der Grundsteuererklärung möglich
- 31. Januar 2023: Ende der Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung
- 1. Januar 2025: Die neue Grundsteuer wird fällig.
Die Grundsteuer wird reformiert: Ab 2025 gelten die neuen Regelungen. Millionen von Grundstücks- und Immobilienbesitzer:innen mussten bis Ende Januar 2023 handeln und aufgrund der Reform eine zusätzliche Steuererklärung abgeben. Erfahren Sie hier, aus welchem Grund die Reform nötig wurde und was Sie beachten müssen.
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Hintergrund der Grundsteuerreform
Der deutsche Bundesrat hat 2019 eine Grundsteuerreform verabschiedet, die zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt. Der Hintergrund der Reform war, dass die Grundsteuer bislang gegen das Gleichheitsprinzip nach Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt. Zu diesem Urteil kam das Bundesverfassungsgericht, da die Grundsteuer aufgrund der aktuellen Berechnungsmethode auch für gleichartige Grundstücke sehr unterschiedlich sein kann.
Was ist das Problem mit der Grundsteuer? Hauptsächlich liegt es darin, dass mit veralteten Einheitswerten gerechnet wird. Diese Werte spielen für die Berechnung der Steuerlast eine Rolle. Sie sollten eigentlich alle sechs Jahre neu bestimmt werden, um eine stets aktuelle Berechnungsgrundlage zu haben. Das ist jedoch nie passiert, da Personal und Geld für die Neubewertungen fehlten. Vergleichbare Objekte aus unterschiedlichen Baujahren werden deshalb sehr unterschiedlich bewertet.
Die Grundsteuerreform soll diesen Mangel beheben und eine gerechtere Erhebung der Grundsteuer schaffen. Sie setzt dazu an verschiedenen Faktoren an, die zur Berechnung der Grundsteuer genutzt werden.
Alle allgemeinen Informationen zur Grundsteuer und wie Sie sie berechnen, finden Sie in unserem Artikel.
Einheitswert: Neubewertung von 36 Millionen Immobilien
Ein Teil der Grundsteuerreform ist die Neubewertung von rund 36 Millionen Immobilien bzw. Grundstücken in Deutschland. Diese findet schon seit 2022 statt und geschieht anhand des jeweiligen Bodenrichtwertes, der Grundstücksfläche, Art und Alter des Gebäudes sowie der statistisch ermittelten Nettokaltmiete in der jeweiligen Gemeinde. Danach sollen Grundstücke alle sieben Jahre neu bewertet werden.
Für die Neubewertung mussten all diejenigen, die Grundstücke oder Immobilien besitzen, eine zusätzliche Steuererklärung abgeben. Je nach Bundesland bekamen sie dazu entweder einen sogenannten Grundsteuer Feststellungsbescheid vom Finanzamt zugeschickt. Oder Eigentümer:innen wurden durch eine öffentliche Bekanntmachung (zum Beispiel im Amtsblatt der Gemeinde) zur Abgabe der Grundsteuererklärung aufgefordert.
Grundsteuererklärung noch nicht abgegeben? Im Artikel "Grundsteuererklärung – mit Software oder Steuerberater?" zeigen wir verschiedene Möglichkeiten auf, die Grundsteuererklärung leicht und fehlerfrei abzugeben.
Das steht im Grundsteuer Feststellungsbescheid
Das Finanzamt informiert Steuerpflichtige mit dem Feststellungsbescheid über verschiedene Parameter, die für die Berechnung der Grundsteuer eine Rolle spielen. Dies sind im Einzelnen
- den vom Finanzamt ermittelten Grundsteuerwert,
- die Grundstücksart,
- die Vermögensart,
- die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit,
- die Höhe der jeweiligen Anteile bei mehreren Beteiligten,
- die Steuermesszahl und die Höhe des Steuermessbetrags.
Entdecken Sie einen Fehler im Feststellungsbescheid, sollten Sie schnell reagieren. Denn wie bei jedem Bescheid, gibt es eine bestimmte Frist, innerhalb derer Sie Einspruch erheben und eine Änderung beantragen können.
Lohnt ein Einspruch?Ein Einspruch empfiehlt sich insbesondere dann, wenn die Grundsteuererklärung nicht pünktlich beim Finanzamt eingereicht wurde und das Finanzamt deshalb einen „Schätzbescheid“ geschickt hat. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens können Sie dann die noch ausstehende Erklärung nachreichen.
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Was mussten Eigentümer:innen bei der Grundsteuerreform tun?
Bei der Neubewertung der Grundstücke/Immobilien müssen Eigentümer:innen mitwirken. Dazu mussten sie Angaben zu ihrem Grundbesitz in der sogenannten „Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte“ machen. Diese muss zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Januar 2023 abgegeben werden – und zwar in elektronischer Form, also über das Elster-Portal oder mit einer geeigneten Steuersoftware.
Für die Erklärung mussten Eigentümer:innen diese Informationen bereithalten:
- Baujahr des Gebäudes
Dieses kann im Bauplan oder der Bauakte beim Bauordnungsamt ermittelt werden. - Bodenrichtwert
Den Bodenrichtwert können Sie bei Ihrer Gemeinde erfragen. - Gebäudeart
Zum Beispiel Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mehrfamilienhaus. - Grundstücksfläche
Diese erfahren Sie aus dem Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes. - Wohnfläche
Auch die Wohnfläche erfahren Sie aus dem Bauplan oder der Bauakte beim Bauordnungsamt.
Wer war zur Abgabe der Grundsteuererklärung verpflichtet?
Eine „Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte“ (Grundsteuererklärung) musste abgeben, wer zum Hauptfeststellungszeitpunkt am 1.1.2022 Eigentümer:in
- eines Grundstücks,
- eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder
- einer Eigentumswohnung war.
Diese Sonderfälle gibt es: Bei Erbbau-Grundstücken mussten Erbbauberechtigte die Erklärung unter Mitwirkung der Grundstückseigentümer:innen abgeben. Bei Grundstücken mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden musste der:die Eigentümer:in des Grund und Bodens die Erklärung unter Mitwirkung der Gebäudeeigentümer:innen abgeben.
Grundsteuer bei Nießbrauch
Bei vermieteten Immobilien ist der Nießbrauch ein oft genutzes Modell. Das Nutzungsrecht für fremdes Eigentum wird von einem Notar beurkundet und ins Grundbuch eingetragen. Bei einer mit Nießbrauch belasteten Immobilie waren Eigentümer:innen (und nicht der:die Nießbraucher:in) verpflichtet, die Grundsteuererklärung abzugeben. Eigentümer:innen konnten sich der Erklärpflicht auch nicht durch eine anderweitige Regelung im Nießbrauchvertrag entziehen.
Erklärungspflicht bei Erbgemeinschaften
Bei einer Erbengemeinschaft mussten die beteiligten Personen gemeinsam die Grundsteuererklärung für die Immobilie/das Grundstück abgeben. Die gemeinsame Erklärungspflicht birgt oftmals Konfliktpotenzial und ggfs. Klageverfahren, wenn zerstrittene Erbgemeinschaften nicht zu einer Einigung kommen. Erfolgte keine gemeinsame Erklärung, nimmt das Finanzamt eine Schätzung vor. Die daraus errechnete Grundsteuer fällt jedoch meist höher aus als bei Abgabe der Werte.
Ihre Meinung ist gefragt Welche Erfahrungen haben Sie mit der Grundsteuererklärung gemacht? Fühlen Sie sich gut informiert?
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„Bundesmodell“ und Sonderwege: So wird der Grundsteuerwert ermittelt
Der neue Grundsteuerwert (bisher: „Einheitswert“) wird vom Finanzamt ermittelt. Dies kann nach unterschiedlichen Methoden geschehen. Der „Standard“ ist das sogenannte Bundesmodell. Dieses nutzt das sogenannte „Ertragswertverfahren“:
Die Finanzämter multiplizieren die statistische Nettokaltmiete mit dem jeweiligen Immobilienwert. Dieser setzt sich aus den folgenden Kriterien zusammen:
- Baujahr
- Bodenrichtwert
- Gebäudeart
- Grundstücksfläche
- Lage
- Wohnfläche
Die Bundesländer haben durch eine Öffnungsklausel ein Wahlrecht und können die Grundsteuer zukünftig auch anhand eines eigenen Berechnungsmodells bestimmen. Diese neun Bundesländer werden die Grundsteuer mit dem Bundesmodell berechnen:
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Diese Bundesländer werden voraussichtlich vom Bundesmodell abweichen und die Grundsteuerwerte nach einer eigenen Methode berechnen:
- Baden-Württemberg
Das Ländle hat als erstes Bundesland ein eigenes Grundsteuergesetz verabschiedet. Das „modifizierte Bodenwertmodell“ nutzt die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert als Grundlage. Baden-Württemberg will auch die Grundsteuer C einführen. - Bayern
Das bayerische Modell legt den Fokus auf die Fläche: Die Grundsteuer soll künftig nur noch anhand der Fläche des Grundstücks und der Gebäude sowie der Nutzung berechnet werden. - Hamburg
Hamburg will ein sogenanntes „Wohnlagenmodell" nutzen. Dieses berücksichtigt neben der Grundstücks- und Gebäudefläche auch die Wohnlage. Wie Baden-Württemberg will auch Hamburg mit der Grundsteuer C Bodenspekulation verhindern. - Hessen
In Hessen werden Grundstücke zukünftig steuerlich mit dem „Flächen-Faktor-Verfahren“ bewertet. Neben der Größe und Nutzung spielt hier – ähnlich wie in Hamburg – auch die Lage eine Rolle. - Niedersachen
Auch Niedersachsen will die Lage mit in die Berechnung der Grundsteuer einfließen lassen. In diesem Modell sollen sich drei Stufen steuerlich auswirken: „durchschnittlich“, „besser“ oder „schlechter“. - Saarland
Das Saarland will sich grundsätzlich am Bundesmodell orientieren, jedoch trotzdem von der Öffnungsklausel Gebrauch machen. Man will sich damit offenhalten, eine Differenzierung nach Grundstücksarten vornehmen zu können. - Sachsen
Sachsen orientiert sich am Bundesmodell, wird bei der Steuermesszahl jedoch stärker zwischen den Nutzungsarten „Wohnen“, „Gewerbe“ und „unbebaut“ unterscheiden. Für Geschäftsgrundstücke soll die Steuermesszahl bei 0,72 Promille liegen, bei Wohngrundstücken und unbebauten Grundstücken bei 0,36 Promille.
Gelten Grundsteuer-Modelle über Ländergrenzen hinaus?
Besitzen Sie zum Beispiel eine Ferienimmobilie, die in einem anderen Bundesland als Ihr Wohnsitz liegt, so gilt das Grundsteuermodell des Bundeslandes, in dem sich Ihre Ferienwohnung bzw. Ihr Ferienhaus befindet. Für Ferienimmobilien im Ausland muss hingegen keine eigene Grundsteuererklärung eingereicht werden.
Grundsteuermesszahlen werden angepasst
Es wird davon ausgegangen, dass die meisten Grundstücke im Rahmen der Neubewertung deutlich höher bewertet werden als nach den alten Daten. Das würde einen drastischen Anstieg der Grundsteuer nach sich ziehen. Um diesen zu verhindern, soll im gleichen Zuge die Steuermesszahl deutlich gesenkt werden. Angaben des BMF zufolge ist mit einer Senkung auf ungefähr ein Zehntel des bisherigen Wertes zu rechnen.
Die Steuermesszahl beträgt ab dem 1.1.2025 beim Bundesmodell:
- 0,31 Promille für Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungen und Mehrfamilienhäuser
- 0,34 Promille für alle anderen Grundstücksarten (z. B. unbebaute Grundstücke und Geschäftsgrundstücke)
Der soziale Wohnungsbau wird steuerlich gefördert
Der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen sollen auch nach der Reform über eine Grundsteuerermäßigung gefördert werden. Immobilien, die den Anforderungen entsprechen, werden mit einem Abschlag von 25 Prozent auf die Steuermesszahl entlastet.
Auch Baudenkmäler werden steuerlich begünstigt: Hier gibt es einen Abschlag von 10 Prozent auf die Steuermesszahl.
Hebesatz: Kommunen entscheiden weiterhin selbstständig
Der Hebesatz ist Sache der Kommunen und wird dies auch weiterhin sein. Sie sind angehalten, den Hebesatz so anzupassen, dass eine zu große Veränderung des jährlichen Grundsteueraufkommens vermieden wird. Die Grundsteuer berechnet sich auch zukünftig anhand des Einheitswerts, der Steuermesszahl und dem Hebesatz. Mit dem Hebesatz können einzelne Kommunen daher in großem Maße darüber bestimmen, wie viel Grundsteuer Eigentümer:innen zahlen müssen.
Sehr wenige Kommunen verlangen gar keine Grundsteuer. In Bergneustadt (NRW) lag der Grundsteuerhebesatz 2021 dahingegen bei satten 959 Prozent. Der Bundesdurchschnitt beträgt 384 Prozent.
Die Abbildung zeigt beispielhaft, wie sich die Grundsteuerzahlungen für verschiedene Arten von Immobilien in Dresden verändern könnten. In der unteren Zeile wird mit dem von der Kommune zugesagten reduzierten Hebesatz gerechnet.
Grundsteuer C
Die sogenannte Grundsteuer C soll ein weit verbreitetes Problem der Kommunen lösen: Es gibt zwar Grundstücke, die baureif sind, diese werden jedoch nicht bebaut. Stattdessen spekulieren Eigentümer:innen auf einen Wertanstieg und die Möglichkeit, das Grundstück später mit größerem Gewinn zu veräußern.
Mit der Grundsteuer C können Kommunen ab 2025 unbebaute, baureife Grundstücke höher besteuern. Das soll die Spekulation mit Grundstücken unattraktiver machen und dadurch dazu führen, dass Grundstücke eher bebaut werden und neuer Wohnraum schneller entsteht.
Ob die Grundsteuer C eingesetzt wird, ist je nach Bundesland unterschiedlich.
Steigen mit der Grundsteuerreform die Kosten?
Insgesamt soll nicht mehr oder weniger Grundsteuer eingenommen werden als zuvor. Die Reform soll offiziell für eine gerechtere Verteilung der Steuer sorgen.
Einzelne Grundbesitzer:innen werden jedoch sehr wohl mehr – oder auch weniger – Grundsteuer zahlen müssen als bisher. Das hängt vor allem vom neu errechneten Einheitswert ab. Die unterschiedlichen Berechnungsmodelle der Bundesländer könnten zu Unterschieden führen. Vor allem in den Ländern, in denen zukünftig die Lage in die Bewertung mit einfließt (Hamburg, Hessen, Niedersachsen), können in boomenden Stadtvierteln höhere Kosten entstehen.
Ganz grob kann man sagen:
- Teurer wird es tendenziell für Eigentümer:innen von Einfamilienhäusern, unbebauten Grundstücken und Objekten in Großstädten.
- Günstiger kann es für Eigentümer:innen von Objekten in strukturschwachen Gebieten und von Mehrfamilienhäusern werden.
Mögliche Folgen für Mieterinnen und Mieter
Gemäß Betriebskostenverordnung (BetrKV) zählt die Grundsteuer zu den umlagefähigen Nebenkosten. Wer eine Immobilie vermietet, kann die Grundsteuer somit als Nebenkosten auf den:die Mieter:in umlegen. Vorausgesetzt ist ein ordentlicher und rechtssicherer Mietvertrag, in dem das Recht auf Nebenkostenumlage zugesichert wird. Wie sich diese Reform auswirkt, können Mieterinnen und Mieter jedoch erst anhand der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2025 sehen.
Gut zu wissen - anhängig laufende Musterprozesse
Insbesondere gegen das Bundesmodell zur Grundsteuerreform laufen mit Unterstützung des Bund der Steuerzahler bereits mehrere Musterklagen. Bleibt abzuwarten, wie die Finanzgerichte, der Bundesfinanzhof und gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht entscheiden werden. Folgende Musterverfahren sind bis dato anhängig:
- FG Berlin-Brandenburg, Az. 3 K 3142/23
- FG Rheinland-Pfalz, Az. 4 K 1205/23
- FG Köln, Az. 4 K 2189/23
- FG Düsseldorf, Az. 11 K 2310/23 und 11 K 2309/23
Diese Musterklagen werden wohl noch einige Jahre laufen, bis es zu einem letztinstanzlichen Urteil kommt. Bis zur Urteilsverkündung müssen Immobilieneigentümer:innen in den sauren Apfel beißen und die (meist höhere) Grundsteuer an die Gemeinde überweisen.